"Diese Leute waren sehr gefährlich":Bankräuber verzockt sich

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Sein Markenzeichen war eine Spitzhacke. Damit überfiel er reihenweise Banken und machte Beute von rund 1,8 Millionen. Der Grund: Spielschulden.

Alexander Krug

Sein Markenzeichen war eine Spitzhacke: Mit der schlug Andrzej W., 56, die Fenster der Geldinstitute ein, um an das Objekt seiner Begierde zu gelangen. Neun Banküberfälle mit einer Beute von rund 1,8 Millionen Euro sollen auf sein Konto gehen. Nach wochenlangem Prozess hat das Landgericht am Donnerstag dem "Spitzhacken-Räuber" die Quittung präsentiert: 14 Jahre Haft und anschließende Sicherungsverwahrung.

Der gebürtige Pole und gelernte Grafiker Andrzej W. hatte seine Serie von Banküberfällen 1993 in Duisburg begonnen. In den folgenden 13 Jahren raubte er im Ruhrgebiet und in München der Anklage zufolge neun Banken aus. In den meisten Fällen wartete er erst den Schalterschluss ab, stieg dann in den Hinterhof des Geldinstituts ein und schlug mit der Spitzhacke eine Scheibe ein. Die überraschten Angestellten bedrohte er mit einer Waffe und ließ sich den Tresor öffnen. 1998 wurde er in Duisburg einmal in der Nähe des Tatortes erwischt, wegen einer Justizpanne aber wieder auf freien Fuß gesetzt (die SZ berichtete).

Beute verspielt?

Nach anfänglichem Schweigen räumte der Angeklagte zuletzt über seinen Anwalt Florian Ufer doch noch sieben Raubzüge ein. Allerdings waren ihm diese sieben Fälle durch am Tatort gefundene DNS-Spuren ohnehin zweifelsfrei zugeordnet worden. Details seiner Taten wollte der Angeklagte allerdings nicht preisgeben. Als Motiv nannte er Spielschulden.

Aufgrund exzessiven Glückspiels, vor allem Roulette, sei er bei seinen Gläubigern 1993 mit 100 000 Mark in der Kreide gestanden: "Diese Leute waren sehr gefährlich", erklärte er ohne nähere Erläuterung. In seiner Heimat hätte es damals "nur wenige Banken" gegeben, meinte er lakonisch. Deshalb sei er nach Deutschland gereist.

Nach dem letzten Überfall im März 2006 in München konnte er nach einem in Zeitungen veröffentlichten Foto in einer Pension festgenommen werden. "Ich war froh, dass es zu Ende gegangen ist", versicherte er vor Gericht. Einen Großteil seiner 1,8 Millionen-Euro-Beute will er verspielt haben.

Für eine strafrechtlich relevante "Spielsucht" sah der als Gutachter geladene Psychiater Karl-Heinz Crumbach indes keine Hinweise. Er attestierte dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Im Vordergrund stand ohnehin die Frage einer möglichen Sicherungsverwahrung. Crumbach wollte sich in diesem Punkt nicht eindeutig festlegen, da diese Entscheidung der "richterlichen Würdigung" vorbehalten bleibe. Voraussetzung für eine Sicherungsverwahrung ist ein "Hang" zu Straftaten. Dafür gebe es beim Angeklagten deutliche Anzeichen, meinte Crumbach. Wer über 13 Jahre hinweg immer wieder Banken überfalle, zeige "eingeschliffene Verhaltensmuster".

Das Landgericht schloss sich dieser Wertung letztlich an. Die Sicherungsverwahrung schließt sich an die Haftstrafe an und kann unter Umständen ein Leben hinter Gittern bedeuten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 27.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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