Demonstration und Kundgebung:Ärztestreik für mehr Geld und bessere Verträge

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Die Protestwelle der Krankenhausärzte erreicht in München am Dienstag einen neuen Höhepunkt: Die kommunalen Häuser Bogenhausen, Harlaching und Schwabing folgen einem Streikaufruf des Marburger Bundes Bayern.

Sibylle Steinkohl

Die Mediziner wollen sich mittags an ihren Arbeitsstätten versammeln und nachmittags vom Geschwister-Scholl-Platz zum Odeonsplatz ziehen, wo gegen 15 Uhr eine Abschlusskundgebung stattfindet.

Inwieweit der Krankenhausbetrieb während des Streiks aufrecht erhalten werden muss, ist strittig. (Foto: Foto: dpa)

Im Krankenhaus Neuperlach wird es voraussichtlich nur eine "aktive Mittagspause" geben. Ziel der Aktionen ist es, eine höhere Bezahlung und bessere Bedingungen für die Mediziner in den Krankenhäusern durchzusetzen. "Nur mit einem eigenen Tarifvertrag können die Arbeitsplätze für Ärzte und Ärztinnen in den Kliniken wieder attraktiv werden", heißt es bei der Ärztegewerkschaft. Die Organisatoren rechnen bei der Protestkundgebung mit rund 700 Teilnehmern.

Im Vorfeld zeichnet sich allerdings bereits ein Konflikt ab, ob eine Arbeitsniederlegung überhaupt rechtens ist. Die Stadtklinikum München GmbH hat die Ärzte jedenfalls in einem Schreiben darüber informiert, dass eventuelle Streikmaßnahmen gegen die Friedenspflicht verstoßen würden. Die Aktionen müssten so gewählt sein, dass sie sich an geltendes Recht hielten. Verlangt wird, in den Kliniken nicht nur einen Notfallbetrieb, sondern auch die normale Patientenaufnahme und Krankenversorgung aufrechtzuerhalten.

Man erwarte, dass sich die Ärzte absprechen, wie sie heute den üblichen Betrieb weiterführen wollten, meinte Bruno Wirnitzer, Personalgeschäftsführer im Stadtklinikum auf Anfrage der SZ. So könnten die Mediziner etwa manche Arbeiten auf Spätnachmittag oder Abend verlegen. Für verschobene Operationstermine oder geplante Untersuchungen, die nun ausfielen, "habe ich jedoch kein Verständnis", sagte Wirnitzer. Die Klinikdirektoren seien angewiesen, für einen reibungslosen Ablauf des Krankenhausbetriebs zu sorgen.

"Streik ist Streik, dazu haben wir aufgerufen", sagte dagegen MB-Geschäftsführer Kurt Ossoinig. Auf "Drohgebärden" der Arbeitgeber werde man angemessen reagieren. Der Verband kommunaler Arbeitgeber habe mit dem Marburger Bund keinen Tarifvertrag abgeschlossen; "damit besteht auch keine Friedenspflicht", begründete er die Rechtsauffassung der Ärztevereinigung. Ossoinig erklärte aber auch, dass es den Medizinern vor Ort überlassen bleibe, wie sie vorgehen wollten.

Ein Freizeitausgleich sei etwa nicht als Streik zu bewerten. Das sieht Manfred Greiner, der Geschäftsführer des Münchner Stadtklinikums, ähnlich - und darauf dürfte es wohl heute bei vielen Medizinern hinauslaufen. "Wir verhalten uns diplomatisch", sagte eine Ärztin im Gespräch mit der SZ, "wir haben alle so viele Überstunden, dass Freizeitausgleich für uns kein Problem ist." Allerdings erklärte sie, dass an dem Krankenhaus, an dem sie tätig sei, nachmittags nur eine Notfallversorgung der Patienten erfolgen werde.

In einer bundesweiten Urabstimmung haben sich inzwischen mehr als 90 Prozent der Krankenhausärzte für Streik ausgesprochen. Die bayerischen Aktionen konzentrieren sich in der heutigen ersten Phase neben den Münchner Stadtkliniken auf das Zentralklinikum Augsburg und die Kreisklinik Fürstenfeldbruck. Es soll den Forderungen nach einer leistungsgerechten Vergütung, einer vollständigen Überstundenbezahlung, besseren Arbeitszeitregelungen und längerfristigen Arbeitsverträgen Nachdruck verliehen werden. Die Konzernspitze des städtischen Klinikums München macht bereits darauf aufmerksam, dass sich die Situation für die dort angestellten Ärzte "grundlegend von anderen Kliniken abhebt". Streikmaßnahmen würden jedoch die finanzielle Lage der Gesellschaft belasten und den Einspardruck auf das Personal erhöhen.

© SZ vom 13. Dezember 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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