Internationales Restaurant Maxvorstadt "Davvero" im Charles Hotel:Zeitreise in die Belle Epoque

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Die Mehrzahl der Hotelrestaurants dient der Verköstigung, oder schlimmer noch der Abfütterung der Hausgäste. Das Davvero im Charles Hotel bietet eine großzügige Kulisse für gutes Essen. Die Preise sind entsprechend.

Karl-Heinz Peffekoven

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Mythos Grandhotel: Schöne, elegante, lockende Speisesäle sind heutzutage eher rar geworden. (Foto: Foto: Robert Haas)

"Das Abendessen verlief ohne Störungen. Hagedorn bekam Nudeln mit Rindfleisch. Die Herrschaften, die an den Nachbartischen saßen und Hors d'oeuvres und gestowte Rebhühner verzehrten, blickten auf Hagedorns Terrine, als sei Nudelsuppe mit Rindfleisch die ausgefallenste Delikatesse."

Das Personal eines guten Hotel-Restaurants erfüllt dem Gast eben jeden Wunsch, wie in jenem Grandhotel, das Erich Kästner in "Drei Männer im Schnee" verewigt hat. Dass es das in diesem Fall nur tut, weil es den armen Schlucker Dr. Hagedorn für einen verkappten Millionär hält, tut hier nichts zur Sache. Wichtiger ist, dass Grandhotels mit schönen, eleganten, lockenden Speisesälen heutzutage doch eher rar geworden sind.

Die Mehrzahl der Hotelrestaurants dient der Verköstigung, in schlimmeren Fällen der Abfütterung der Hausgäste, und nur an wenigen Orten stehen Passanten staunend vor großen Fensterscheiben, bewundern die Aura gediegener Entspanntheit drinnen und wünschen sich hinein, so wie Kästners Dr. Hagedorn, den eine Laune des Schicksals dann tatsächlich zum umworbenen Gast macht.

Anmut eines Überseedampfers

Der Edelitaliener Davvero will ein solcher Ort sein. Er hat sehr hohe Ansprüche an sich selbst, so wie alle Restaurants in der vornehmen Familie der Charles-Hotels. Das Münchner Exemplar ist noch sehr jung. Das elegante Gebäude besitzt dennoch die Anmut eines Überseedampfers aus alten Tagen. Ambition und Ambiente haben, sagen wir es gleich, natürlich Folgen für die preisliche Gestaltung eines Aufenthaltes.

Das Halbrund der hohen Fensterfront, die wie beiläufig verstreuten Tische und selbst die höchst üppigen Kronleuchter bieten die großzügige Kulisse für ein gutes Essen. Pflegen wir den Grandhotel-Mythos ruhig noch ein bißchen: Hier ist es gelungen, ihn zu inszenieren - und durch ein großes, farbiges Wandbild eines modernen Künstlers, der malt, was moderne Künstler eben so malen, ironisch zu brechen. Man sitzt angenehm für sich. Der Service ist sehr aufmerksam, ein freundlicher junger Italiener, stets zur Stelle, wenn man ihn braucht, heiter und kenntnisreich. Wer je in einem gehobenem Haus von übereifrigem Personal oder gar allürenhaften Sommeliers behelligt wurde, weiß derlei zu schätzen.

Erfreulicherweise hält die Küche bei dieser großen Inszenierung des Grandhotels mit. Die fein sämige, zart gepfefferte Pilzsuppe und die Knollenselleriesuppe mit Sahne waren kleine Kunstwerke. Eine erhebliche Stärke der Köche liegt in der Kombination klassischer italienischer Standards mit ungewohnten und ungewöhnlichen Zutaten - wie bei den Tintenfisch-Gnocchi und den Gänse-Ravioli, beide mit intensivem, sehr würzigen Eigengeschmack. An den Papardelle, den breiten Bandnudeln, fanden sich kleine, italienisch Polpette genannte Kalbsfleischpfanzerl zusammen mit Wirsing, eine gewagte, aber doch trefflich harmonierende Kombination.

Vom Rochenstreicheln im Sea Life zu gedämpften Rochenflügeln

Als Hauptspeisen bietet die wechselnden Karte zumeist souverän interpretierte Klassiker wie ein Thunfisch-Medaillon mit einer großartig scharfen Kapernsauce und ein kurz gebratenen Rinderfilet, das in seiner herrlich rosigen Zartheit heftige Erinnerungen an eine sehr beliebte Trattoria von Florenz weckte. Beim Genuss der gedämpften Rochenflügeln, deren leicht weiche Konsistenz Unerfahrene vor eine gewisse Herausforderung stellte, sollte der Gast lieber nicht daran denken, dass er zuletzt mit den Kindern zum Rochenstreicheln im Sea Life war.

Die Weinkarte bietet neben einem sehr breiten Angebot von feinen Italienern auch Weine guter deutscher Lagen, etwa aus dem Kaiserstuhl oder dem fränkischen Iphofen. Doch, doch, das Davvero kann in der ersten Liga der Münchner Restaurants von Beginn an mitspielen. Aber nicht das ist das Besondere, sondern die Rückkehr eines klassischen Hotelrestaurants, vor dem man staunend steht und sich hineinwünscht, so wie einst der Dr. Hagedorn.

Die Preise sind die in dieser Kategorie üblichen: Also, 0,1 Liter rosa Champagner kosten 20 Euro, Vorspeisen bis 24 Euro, Hauptspeisen bis 42 Euro... Aber lassen wir das.

Davvero im Charles Hotel, Sophienstraße 28. Telefon 089/544 5550. Geöffnet täglich von 12 bis 14.30 Uhr und von 18 bis 23 Uhr.

© SZ vom 28.04.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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