Dank DNA-Technik:Sexualmord nach zwölf Jahren geklärt

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Ein 38-jähriger Sozialhilfeempfänger ist durch die neueste DNA-Technik überführt, eine irische Studentin vergewaltigt und erstochen zu haben - der Beschuldigte gesteht.

Von Christian Rost

Der Mord an der irischen Studentin Sinead O'Neill ist zwölf Jahre nach der Tat mit DNA-Technik geklärt worden. Die Polizei nahm in Bremerhaven einen 38Jahre alten Mann fest, der die Vergewaltigung und den Mord an der jungen Frau in Thalkirchen inzwischen gestanden hat.

Ein Sondereinsatzkommando der Polizei stürmte die Wohnung des vielfach vorbestraften gelernten Fräsers. Ein DNA-Test hatte den ledigen Deutschen als Täter überführt.

Die damals 20 Jahre alte Sinead O'Neill arbeitete im Sommer 1991 im Biergarten am Chinesischen Turm als Aushilfskraft. Sie übernachtete in dieser Zeit in einem Zelt auf dem Campingplatz in Thalkirchen. Am Morgen des 20. August 1991, gegen 7.30 Uhr, fand sie ein Arbeiter am westlichen Isarufer, etwa 80 Meter von der Thalkirchner Brücke entfernt - leblos und halb im Wasser liegend.

Die junge Frau war vergewaltigt und mit einem Messer an Oberkörper und Rücken attackiert worden. Acht Mal hatte der Täter auf sie eingestochen. Die Schwerverletzte kam in ein Krankenhaus, starb dort aber wenig später.

Mehr als 40 Bekannte der Irin überprüfte die Polizei. Einige hatten sich in der Tatnacht mit ihr in einem irischen Pub in München getroffen. Auch der Ex-Freund der jungen Frau wurde eingehend überprüft - ohne Ergebnis. Der Polizei, so schilderte es gestern Chef-Ermittler Harald Pickert, blieben nur DNA-Spuren des Täters aus der Wäsche des Opfers. Anfang der 90er Jahre konnten diese Spuren lediglich bedingt ausgewertet werden.

Der Fortschritt in der Kriminaltechnik machte es nun möglich, einen genauen genetischen Fingerabdruck des Vergewaltigers zu erstellen. Dem geständigen Rene L. kamen die Ermittler auf die Spur, nachdem er sich im Oktober wegen zahlreicher anderer Vergehen wie Körperverletzungen einem für notorisch Kriminelle obligatorischen DNA-Test unterziehen musste. Vergeblich protestierte er dagegen.

Ein EDV-Abgleich der Spuren im Fall O'Neill mit dem Ergebnis aus der Speichelprobe des zuletzt in Bremerhaven lebenden Sozialhilfeempfängers ergab den Treffer. Ein Sondereinsatzkommando nahm den Verdächtigen Ende vergangener Woche fest.

Die Spezialkräfte mussten angefordert werden, weil sich Rene L. in seiner Wohnung drei Kampfhunde hielt. Er leistete keinen Widerstand bei der Festnahme. Jetzt befindet er sich in München in Haft.

Sein Motiv, wie er selbst bei der Vernehmung einräumte: Die Irin habe ihn zurückgewiesen. Er hielt sich am Tatabend in demselben Lokal auf wie die junge Frau, die er vom Sehen kannte, und folgte ihr auf dem Heimweg. Gegen 1.30Uhr stieg die Studentin in Thalkirchen aus der U-Bahn. Bei einer Aussprache an der Isar rastete der damals 26-Jährige aus. Er schlug die Irin nieder, verging sich an ihr und stach auf sie ein. Den Rucksack des 20-jährigen Opfers will er an der Isar vergraben und die Tatwaffe in den Fluss geworfen haben.

Bei seiner Vernehmung durch drei Beamte der Mordkommission und durch Staatsanwalt Wolfgang Beckstein gestand der Mann auch eine versuchte Vergewaltigung 1996 in Bremen. Nach dem Mord in Thalkirchen - hier hatte er in einer Pension in Forstenried gewohnt und als Fräser gearbeitet - kehrte er nie wieder nach München zurück.

Das Gewissen habe ihn enorm belastet, sagte er aus. "Er schien erleichtert, dass er sich bei der Vernehmung alles von der Seele reden konnte", sagt Staatsanwalt Beckstein. Der Beschuldigte werde "wegen heimtückischen Mordes und Mordes zur Befriedigung des Geschlechtstriebs" angeklagt. Die in Dublin lebenden Eltern des Mordopfers seien nach dem Geständnis des Täters informiert worden.

Die Polizei konnte in den vergangenen Wochen mehrere Verbrechen dank neuer Technik aufklären: Die verfeinerte DNA-Analyse sowie ein neues Fingerabdrucksystem trugen dazu bei. Mord-Ermittler Pickert glaubt sich absolut sicher, dass damit noch ein Gutteil der 71 ungeklärten Mordfälle seit 1970 in München gelöst werden. "Den Tätern kann man nur raten, sich selbst zu stellen", sagt Pickert.

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