Kandidat für Tassilo-Preis:Biotop für Kreative

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Familiäre Bühne mit hohem Anspruch: Der Kulturkreis Haimhausen glänzt vor allem mit seinen Theaterproduktionen. Er schafft eine Bindung zur Heimat, ist zugleich Ort der Präsentation und des Netzwerks.

Matthias Pöls

"Hier ist es eher Kritik von Freunden", sagt Claus von Wagner. Der Gewinner des Deutschen Kabarettpreises von 2006 hatte sich die kleine Bühne in der Kulturkreiskneipe Haimhausen für seine Vorpremiere ausgewählt. Am Anfang eines neuen Programms ist der Künstler noch "verletzlich und gibt viel von sich preis". Aber die Atmosphäre ist nicht nur im Theaterraum und auf der Bühne familiär. Der Kulturkreis Haimhausen schafft eine Bindung zur Heimat, ist zugleich Ort der Präsentation und Netzwerk.

Ein voller Erfolg war die Scharfrichtershow des Kulturkreises Haimhausen im vergangenen Jahr: Die Vorstellungen waren durch die Bank ausverkauft - wie fast immer bei den Produktionen des Ensembles. (Foto: npj)

"Es ist wie ein Biotop", zieht Marja-Leena Varpio einen Vergleich. Für die Vorsitzende des Kulturkreises ist immer Leben drin. Manchmal brodele es, aber dafür wachse dann auch wieder etwas. Das spüren die 350 Mitglieder und zahlreichen Zuschauer der eigenen Theaterproduktionen. Diese Inszenierungen sind die herausragendste Leistung, wie die sehr erfolgreiche Scharfrichtershow im vergangenen Jahr. Jetzt ist der Verein für den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert. Seit 28 Jahren ist der Kulturkreis Haimhausen eine feste Instanz in der Gemeinde, die im Landkreis und bis nach München ausstrahlt.

Zur Scharfrichtershow hatte sich sogar ein Nachfahre eines Schauspielers der Original-Aufführung von 1902 eingefunden. "Ich war sehr positiv überrascht, dass das alte Stück eins zu eins übernommen wurde und auch heute noch passt", sagt Martin Hösgen. In der Revue des literarischen Glanzstücks des Kabaretts spielte auch Marja-Leena Varpio mit. Die Opernsängerin leitet seit 2004 den Haimhausener Kulturkreis. Gemeinsam mit Jonny Weissmüller und Klaus Hansen bildet sie den Vorstand. Alle drei waren bereits 1984 dabei, als Sebastian Feldhofer die Gründung des Vereins voranbrachte. Vor allem dessen Kontakte als Verwaltungsdirektor des Münchner Volkstheaters bescherten den Haimhausenern großartige Theaterstücke, die bekannte Regisseure inszenierten.

Die Theaterproduktionen des Kulturkreises sind auch durch deren Mitwirken zum Erfolg geworden: Überregionales Interesse etwa fand 2009 die Musicalproduktion "Die Bairische Horror Schau" unter der Regie von Dick Städtler. Franz Geiger brachte seine Fernsehserie "Der Millionenbauer" als Theaterstück in Haimhausen heraus.

30 Veranstaltungen pro Jahr

Varpio feilte daran als Regieassistentin mit. Sie werde dadurch motiviert, dass sie mit solch tollen Persönlichkeiten zusammenarbeiten könne. Ebenso wie für die vielen Mitglieder des Kulturkreises, die engagiert und interessiert dabei sind. Das Engagement ist zeitaufwendig, aber für Varpio ist es auch Freizeitgestaltung.

Dass der Zuspruch über die Landkreisgrenzen hinausgeht, liegt auch am Anspruch", so Varpio. "Doch ist das auch eine Verpflichtung." Schließlich ist das Publikum mittlerweile sehr verwöhnt vom Programm. Erst vor kurzem fand die 500. Veranstaltung des Vereins statt, immerhin 30 sind es pro Jahr.

Claus von Wagner wollte unbedingt nach Haimhausen. "Die Agenturen sprechen uns an, ob ihre Künstler hier auftreten können", sagt Varpio. Für das Programm des Kabarettisten hätten sie weitaus mehr Karten verkaufen können. Aber Wagner will wohl auch sein nächstes Programm als Vorpremiere in der gemütlichen Kulturkreiskneipe aufführen. Bis dahin hat der Haimhausener Verein dann bereits mehr als 30 Jahre lang kulturelles Leben geschaffen.

© SZ vom 06.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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