Dachau:Schulschwänzen kann teuer werden

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Eltern aus dem Landkreis Dachau mussten im vergangenen Jahr 10 990 Euro Bußgeld zahlen, weil ihre Kinder unentschuldigt gefehlt haben. Meist sind psychische oder familiäre Probleme Ursache des Fernbleibens.

Sophie Burfeind

Am Tag vor und nach den Ferien drücken Eltern gern mal ein Auge zu, wenn es um das Thema Schulbesuch geht. Besonders, wenn der Rückflug ein Schnäppchen ist, weil die Ferien gerade vorbei sind. Was viele nicht bedenken: Sie verletzten die Schulpflicht und begehen damit eine Ordnungswidrigkeit. Im schlimmsten Fall droht ein Bußgeld.

In Jungarbeiterklassen der Berufsschule fehlt bisweilen ein Drittel der Jugendlichen. (Foto: DAH)

Und das kann teuer werden: "Ein Tag Ferienverlängerung kostet 100 Euro", erklärt Michael Laumbacher vom Fachbereich für die Verfolgung von Schulversäumnissen am Landratsamt. Insgesamt 10 990 Euro Bußgeld mussten Eltern im Landkreis im vergangenen Jahr für das Schwänzen ihrer Kinder zahlen. Doch die 63 Bußgeldverfahren sind vergleichsweise wenig: 2001 waren es noch 200 Verfahren. Die Schulen achten seitdem verstärkt auf die Einhaltung der Schulpflicht.

Wilhelm Proksch, Jugendbeamter der Polizeiinspektion in Dachau, aber glaubt nicht daran, dass es in diesen Zeiten weniger Schulschwänzer gibt, als früher: "Die Tendenzen sind schwankend. Im letzten Schuljahr hatten wir zwölf Einsätze, im Jahr davor 27. Das wechselt einfach." Die Polizei wird alarmiert, wenn die Kinder morgens unentschuldigt der Schule fernbleiben und keine Erziehungsberechtigten zu erreichen sind. Meist träfen Polizisten die Blaumacher noch zu Hause an. "Sehr viele Eltern wissen gar nicht, dass ihr Kind nicht zur Schule geht, wenn sie schon früher aus dem Haus müssen", sagt Proksch, "erst wenn die Schule sie darauf aufmerksam macht." Sind die Schüler nicht am Wohnort anzutreffen, wird bei der täglichen Streifenfahrt nach ihnen Ausschau gehalten - an Jugendtreffpunkten seien viele zu finden.

Doch das Problem am Schulschwänzen sind nicht nur Verweise oder Bußgelder: "Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen notorischem Schulschwänzen und dem Begehen von Straftaten durch Minderjährige", erklärt der Jugendbeamte. Schmierereien, Graffiti und Ladendiebstähle seien die häufigsten Delikte, die dabei begangen würden. Prokschs Erfahrung ist, dass die meisten der Schulschwänzer "keinen Bock auf Schule" haben.

Albert Sikora, Koordinator des Schulverbunds der Mittelschulen in Dachau, hingegen warnt davor, von "dem Schulschwänzer" zu sprechen. "Es gibt viele Gründe, warum Schüler nicht in die Schule kommen. Das kann Schulangst sein, Angst vor Mobbing, vor dem Leistungsdruck, aber auch häusliche Probleme", erklärt er. "Den Jugendlichen wieder eine Struktur zu geben, das ist entscheidend." Helfen sollen dabei die Jugendsozialarbeiter der Schulen.

Laut Renate Polansky, Schulleiterin der Mittelschule an der Anton-Günther-Straße, seien es fast immer "psychische und familiäre Probleme, weshalb die Schüler nicht in die Schule kommen". Problematisch werde es, wenn die Eltern die Kinder regelmäßig entschuldigten, obwohl diese gar nicht krank seien. "In solchen Fällen können wir eine Attestpflicht anfordern", erklärt Polansky. "Dann müssen die Kinder für jeden unentschuldigten Fehltag ein Attest abliefern." Ein besonders wichtiges Thema sei das Schwänzen aber nicht - weder für Sikora noch für Polansky.

Anders sieht es in der Staatlichen Berufsschule Dachau aus. Besonders in den sogenannten Jungarbeiterklassen, die von Schülern ohne Lehrstelle besucht werden, steht das Schwänzen auf der Tagesordnung. Rund ein Drittel erscheint regelmäßig nicht zum Unterricht. "Das sind Schüler mit einem schwierigen Hintergrund und ziemlichen Motivationsproblemen. Perspektivlosigkeit und mangelnder Antrieb sind die Gründe, nicht in der Schule zu erscheinen", gibt Reinhard Pobel, stellvertretender Schulleiter, zu bedenken. Man dürfe das nicht anprangern. Er fügt hinzu: "Aber trotzdem versuchen wir, die letzten Reste an Motivation aus ihnen herauszukitzeln."

© SZ vom 14.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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