CSU-Affäre:Razzia bei JU-Chef Rasso Graber

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Ein Staatsanwalt und zwei Polizisten haben gestern in der Wohnung des Politikers Unterlagen und einen Laptop sichergestellt. Graber wird in der Affäre der Perlacher CSU nun wegen Urkundenfälschung als Beschuldigter geführt.

Von Berthold Neff

Insgesamt durchsuchten die Beamten vier Objekte, darunter die Wohnungen von zwei weiteren Beschuldigten.

Ein Staatsanwalt und zwei Polizisten klingelten gestern um sechs Uhr morgens den Münchner JU-Chef in Truderin aus dem Schlaf. Sie eröffneten ihm den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München und beschlagnahmten zahlreiche Unterlagen. Graber bestätigte der SZ die Aktion, wollte sich aber dazu nicht äußern, sondern verwies auf seinen Anwalt Wolfgang Dingfelder.

Dieser will vor einer Stellungnahme jedoch die Akten studieren. Im Gespräch mit der SZ bestätigte Dingfelder nur, dass die Polizisten "ziemlich viel" mitgenommen hätten: außer dem Laptop auch diverse Unterlagen mit den Aufschriften "JU" und "CSU", Loseblattsammlungen und Mitgliederlisten. Dingfelder zufolge habe die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe gegen seinem Mandanten "bislang nicht hinreichend konkretisiert". Er werde nächste Woche der Staatsanwaltschaft gegenüber Stellung nehmen.

Fast gleichzeitig stellten die Beamten gestern bei zwei weiteren Beschuldigten Beweismaterial sicher, wie Oberstaatsanwalt August Stern, Leiter der Politischen Abteilung, bestätigte. Insgesamt seien bei drei Beschuldigten vier Objekte durchsucht worden. Gegen sie wird wegen des Verdachts der Urkundenfälschung ermittelt. "Wir haben es im Hinblick auf die Fälschungen für notwendig erachtet, die Durchsuchungsbeschlüsse zu erwirken", sagte Stern.

Wie durch Berichte der SZ bekannt wurde, war es im Vorfeld der Landtags-Nominierung im Münchner Osten nicht mit rechten Dingen zugegangen. Offenbar um Delegierte durchzusetzen, die den CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger wieder als Perlacher CSU-Ortsvorsitzenden wählen würden, waren fast drei Dutzend geheim gehaltener Aufnahmeanträge aufgetaucht.

Die Parteieintritte waren beim Notar beglaubigt worden, die entsprechenden Papiere sperrte der CSU-Stadtrat Christian Baretti in seinem Schrank weg. Erst nach langer Suche ließ er die Unterlagen von der stellvertretenden Perlacher CSU-Ortsvorsitzenden Stephanie L. in der CSU-Zentrale abgeben.

Eine parteiinterne Untersuchungskommission rügte aber nur Stephanie L.: Sie hätte als Rechtsreferendarin wissen müssen, dass sie das Notarsiegel nicht entfernen durfte. Da auch Stephanie L. nun als Beschuldigte gilt, wollte sie sich gestern zu der Razzia in ihrer Schwabinger Wohnung nicht äußern.

Unklar ist, ob es bei den beiden anderen, die bisher als Beschuldigte galten, ebenfalls Durchsuchungen gegeben hat. Der eine, ein Schwabinger Versicherungskaufmann, sagte der SZ, bei ihm habe keine Razzia stattgefunden. Dies behauptete auch der andere, der 22 Jahre alte Maximilian J., der gestern bei der Staatsanwaltschaft zu Protokoll gab, dass die von der SZ abgedruckten E-Mails über den Kauf von CSU-Mitgliedern echt sind. Diese E-Mails belasten Graber, Baretti und den CSU-Landtagsabgeordneten Joachim Haedke, weil darin für neue CSU-Mitglieder Prämien von bis zu 450 Euro versprochen werden.

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