Cincinnati:Die Partnerstadt verschiebt ihre Wiesn

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Das größte "Oktoberfest" der USA ist wegen der Terroranschläge auf nächstes Wochenende verlegt worden.

Daniel Braun

Die Menschen, die an diesem Freitag zum Fountain Square kommen, tragen amerikanische Flaggen, viele haben sich in den Nationalfarben Rot, Weiss, Blau gekleidet.

Normalerweise müssten die Menschen an diesem Tag besonders fröhlich sein (Foto: Foto: Daniel Braun)

Normalerweise müssten die Menschen an diesem Tag besonders fröhlich sein. Normalerweise würde an diesem Wochenende in der Innenstadt das "Zinzinnati-Oktoberfest" stattfinden.

Aber die Gesichter der Männer und Frauen sind ernst. Präsident Bush hat für das ganze Land einen Tag des Erinnerns ausgerufen.

Das größte "Oktoberfest" der USA wurde wegen der Terroranschläge auf nächstes Wochenende verschoben. Statt einer Feier mit Bier, Bratwurst und Blasmusik findet auf dem zentralen Platz von Münchens Partnerstadt nun eine Gedenkveranstaltung statt.

Trauer um die Opfer

Der erste Redner ist ein islamischer Geistlicher. Die Mehrheit auf dem Platz sind Nicht-Moslems und die Mehrheit auf dem Platz vermutet Araber hinter den Anschlägen.

Trotzdem applaudieren die mehr als tausend Menschen, als der Geistliche davon spricht, dass Allah die Quelle des Friedens ist.

"Amerika ist wie eine Familie. Wenn ein Familienmitglied verletzt wird, trauern alle", erklärt eine ältere Frau und fügt hinzu, "es ist gut, dass sie das Oktoberfest verlegt haben. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, zu feiern".

Die meisten Cincinnatians denken so. Lori Mayzlin, eine blonde Endzwanzigerin, hält sogar eine weitere Verschiebung für denkbar.

"Lasst uns erst dann feiern, wenn der Gerechtigkeit Genüge getan worden ist", meint die ehemalige Marine-Soldatin. Sie traegt ein weisses T-Shirt und ein rotes Halstuch zur Bluejeans. Zwischen ihren Fingern schimmern die Perlen eines Rosenkranzes.

Den Terroristen kein Siegesgefühl geben

Auch Beth Ashbrock ist in Rot-Weiß-Blau gekleidet. Und ihrer Gesinnung gibt die resolute Angestellte ebenso Ausdruck. "Ich möchte diesen Terroristen nicht das Gefühl geben, dass sie gewonnen haben. Darum wäre ich nicht damit einverstanden, wenn sie das Oktoberfest abgesagt hätten".

Auch München sollte sein Volksfest ihrer Meinung nach nicht absagen. "Wir sollten uns auf keinen Fall unterkriegen lassen", meint sie und lächelt. "Ich lass mir jedenfalls meine Freude am Leben nicht kaputt bomben".

Eine Studentin ist ein bisschen nachdenklicher. "Es sind ja auch Deutsche unter den Opfern. Ich hätte Verständnis, wenn sie ihr Fest absagen und wie wir trauern würden". Doch ihre Freundin wirft ein, "wir kommen schon mit der ganzen Sache zurecht. Die Deutschen sollen sich keine Sorgen machen, sondern lieber feiern".

"Es ist gut, die Freiheit zu feiern"

Dem stimmt auch Raymond Buse zu. Er ist Manager der Handelskammer von Cincinnati, die das Oktoberfest seit Jahren plant und organisiert.

"Wir haben unser Fest verschoben aus Respekt für die Opfer, die Helfer und die Menschen in unserer Stadt, die Zeit und Ruhe zum Trauern möchten". Die traditionellen "Gemuetlichkeit Games", die in der Woche vor dem Fest stattfinden, sind ganz abgesagt worden.

"Wir denken auch darüber nach, andere etwas zu joviale Veranstaltungen während des Fests herunter zu fahren", sagt Buse. Auch der jährlich "Chicken Dance" würde dann wegfallen.

Dass das Münchner Oktoberfest stattfinden soll, hält Buse für gerechtfertigt. "Wenn du dein Land und deine persönliche Freiheit feierst, dann ist das eine gute Sache. In Amerika, wie in Deutschland".

Das Oktoberfest sei nun schon seit 25 Jahren eine großartige Gelegenheit für die Menschen aus Cincinnati und aller Welt, sich zu treffen und auszutauschen. "Allerdings wird es dieses mal sicher anders werden, als die Jahre zuvor".

Ruhige Feiern

Der Manager meint damit nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen, die nach den Anschlägen massiv ausgeweitet werden. "Die Stimmung einer so großen öffentlichen Veranstaltung wird von der Stimmung der Menschen bestimmt, die daran teilnehmen. Das gilt auch für die Feste hier und in München".

Es werden wohl ruhigere Feiern werden, nächstes Wochenende.

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