Buga 2005:Wohnen an einer grünen Baustelle

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Wenn das Buga-Spektakel vorüber ist und die Aufräumungsarbeit beendet, dürfen sich die Bewohner der Messestadt Riem des ungehinderten Zugangs zum Park erfreuen, inclusive Badesee, Rodelhügel, Wiesen und Wäldchen.

Von Wolfgang Görl

Das weiße Schild am Straßenrand weckt falsche Erwartungen. "Für die Bundesgartenschau entsteht hier ein Landschaftspark", ist darauf zu lesen, und das wäre vorderhand ja in Ordnung. Doch da ist noch ein Satz ins Blech gestanzt: "Betreten auf eigene Gefahr."

(Foto: Foto: Buga)

Wer daraufhin, und sei es auf eigene Gefahr, das künftige Buga-Gelände zwecks Spaziergang betreten möchte, kommt nicht weit. Ein Metallzaun versperrt den Weg. Seit vergangenem Herbst.

Brigitte Gans weiß das natürlich. Schließlich wohnt sie hier, in der Messestadt Riem, dem neuen Stadtteil auf dem Areal des ehemaligen Münchner Flughafens.

Frau Gans, die 1999 als Pionierin des Projekts "Autofreies Wohnen" ein Haus in Riem bezogen hat, ist einiges gewohnt: Baustellen, lärmende Bagger, Lastwagen, die unentwegt Staub aufwirbeln. Da zählt ein Gatter, das die gewohnte Joggingroute versperrt, noch zu den kleineren Übeln, zumal der Zaun ja nicht ewig bleibt.

Wenn das Buga-Spektakel vorüber ist und die Aufräumungsarbeit beendet, dürfen sich die Bewohner der Messestadt des ungehinderten Zugangs zum Park erfreuen, inclusive Badesee, Rodelhügel, Wiesen und Wäldchen.

Wohnraum für 16.000 Menschen

"Als wir hier eingezogen sind, war die Buga ein Datum, auf das man seine Hoffnung gerichtet hat", sagt Brigitte Gans. "Weil dann sollte alles fertig sein." Nun ja, weitgehend fertig ist lediglich der erste Bauabschnitt um die Lehrer-Wirth-Straße, vier weitere Teilstücke werden folgen.

Wohnraum für 16.000 Menschen wird die Messestadt einmal bieten; bis heute sind es 4000, die in Riem eine neue Heimat gefunden haben. Die aber haben sich behaglich eingerichtet. Blumen auf dem Balkon, Sonnenschirme, mit Ziersträuchern bepflanzte Vorgärten, die Grünflächen teils kurz geschoren, teils biologisch-dynamischer Wildwuchs.

Auf Bolzplätzen kicken Kinder, plaudernde Mütter überwachen die Kleinen im Sandkasten - genug Anschauungsmaterial, um es zeitgenössischen Kulturkritikers leicht zu machen, das alles spießig nennen.

Familien wollen geordnete Verhältnisse

Aber wer Familie hat, ist in der Regel weniger erpicht auf ein Avantgardistendasein am Rande des Vulkans. Der möchte ein Leben in geordneten Bahnen: ein wenig Grün vor dem Haus und gefahrlosen Auslauf für die Kinder.

Zum Beispiel Gaby Hoese: Sie ist mit ihrer Familie vor zwei Jahren von der Feinstaubwüste Landshuter Allee nach Riem gezogen, und jetzt freut sie sich auf die Buga. Das heißt, mehr noch freut sie sich auf das Ende der Buga, denn "dann haben wir einen wunderbaren Park".

Etwas besorgt ist sie nur wegen der vielen Autos, die aller Wahrscheinlichkeit nach während der Gartenschau auch ihr Viertel heimsuchen werden. "Dabei ist hier jetzt schon alles verstopft."

Andererseits ist sie froh, wenn es die Münchner mal in die Messestadt verschlägt. "Dann sehen die Leute, dass es hier wirklich schön und lebenswert ist."

Und wenn alles glatt geht, wird die Buga für Gaby Hoese sogar eine bescheidene Geldquelle. Sie hat gute Aussichten, einen Job an der Kasse auf 400-Euro-Basis zu bekommen. Möglicherweise feiert sie den Geburtstag ihrer jüngsten Tochter - sie wird am Eröffnungstag ein Jahr alt - bereits im Kassenhäuschen.

Freuen auf die Zeit danach

Vasiliki Strakou wird gewiss nicht zu ihren Kunden zählen, denn die junge Frau hat bereits Dauerkarten für sich und ihre Familie. 50 Euro zahlen die Messestadt-Bewohner für so ein Billett; das sind sagenhafte fünf Euro weniger als der reguläre Preis.

Was sie im Einzelnen auf der Buga anschauen werden, wissen die Strakous noch nicht. "Wir lassen uns überraschen". Nur die fünfjährige Tochter Maria hat schon genaue Pläne: "Ich will mit der Gondel fahren." Und natürlich freuen sich Maria und ihr Bruder Ilias (3) auf die Zeit danach: Baden, Schlitten fahren, Inlineskaten.

Jutta Bindczeck hätte es gern gesehen, wenn der Badesee bereits in den Jahren vor der Eröffnung der Buga zugänglich gewesen wäre. Eine entsprechende Eingabe beim Bezirksausschuss fand allerdings keine Gnade. Immerhin, auch ihre Familie ist mit Dauerkarten versorgt, der Sommer ist gerettet.

Wohnen neben dem Bierzelt

Ein junger Vater, der gerade seinen Sohn von der Kinderhort abholt, ist hingegen skeptisch. Er wohnt 50 Meter neben dem Buga-Bierzelt, wo an jedem Wochenende die Blasmusik aufspielen wird - schlechte Voraussetzungen für geruhsame Sonntage im eigenen Heim.

Seit der Zaun da ist, führt seine Jogging-Route über Parkplätze, wobei er aufpassen muss, nicht in ein Hundehäufchen zu treten. Gassigehen im Park ist zurzeit auch nicht drin.

Im Hort der Inneren Mission haben die Kinder vor ein paar Wochen Ideen für ein Buga-Areal gesammelt, das nach ihren Wünschen gestaltet wird. Platz zum Ausruhen und Wolkenanschauen wünschen sie sich, eine Rutsche, Sand, Wasser, Matsch und was zum Naschen. Erdbeeren zum Beispiel.

"Die Kinder waren mit großer Freude dabei", sagt Erzieherin Janine Bender. Jetzt sind sie gespannt, was daraus wird. Mit ähnlichem Interesse hat Brigitte Gans die Gestaltung des gesamten Buga-Geländes verfolgt: "Es war schon spannend zu beobachten, wie eine ganz neue Landschaft modelliert wird. "

© SZ vom 14.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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