Britney Spears in der Olympiahalle:Ooooooooops!

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Britney Spears zeigt sich in München als Bademeisterin im Mainstream, die sich nach einer früheren Werkphase als keusche Biederbarbie nun als Unzuchtperle feil bietet - und noch immer keine Sängerin ist.

Von Jochen Temsch

Britney Spears macht "Oops! I did it again" - und keiner klatscht mit. Wie festgeklebt sitzen die Zuschauer auf den Rängen der so gut wie ausverkauften Olympiahalle. Fragende Blicke. Es ist eine für Fan-Ohren ungewöhnliche, verspielt swingende Jazz-Version ihres Welthits, den die 22-Jährige aufführt - "singt" kann man schlecht sagen.

Die Mühe, ihre Lippen synchron zu dem zu bewegen, was als Gesang hörbar ist, macht sich Britney Spears anscheinend nicht immer. Ausgerechnet die Darbietung eines ihrer populärsten Großraumdisko-Lieder wird so zum traurigen Tiefpunkt ihres Auftritts.

Es ist aber nicht der einzige schale Moment dieser Veranstaltung. Die Erwartung an die authentizitätsfreie Teenie-Schwarm-Branche ist gering genug. Hier wird sie unterboten.

Wer ist eigentlich Britney Spears? Eine austauschbare Figur aus einer Tragikomödie, deren Rolle täglich in den Boulevardmedien weiterkonstruiert wird. Ein Mädchen, das ihr Leben lang wie ein Zirkuspferd auf Entertainmentmaschine gedrillt worden ist.

Eine Bademeisterin im Mainstream, die sich nach einer früheren Werkphase als keusche Biederbarbie nun als Unzuchtperle feil bietet. Es hat fast schon etwas Verzweifeltes, wie sie sich für die Bühne in zwei Nummern zu kleine Lack- und Hausmädchenkostüme quetschen lässt, den Busen auf groteske Ausmaße vergrößert, um so zu neuen, älteren Käuferschichten vorzustoßen. Eine Sängerin ist sie jedenfalls nicht.

Zur Darstellung ihres aktuellen Charthits "Everytime" setzt sie sich an ein Piano, das immer lustig weiterklimpert - auch, nachdem sie aufgestanden ist. Wahrscheinlich singt sie dabei sogar tatsächlich, zumindest lässt ein seltsamer Wandel der Klangästhetik darauf schließen. Es ist grauenvoll.

Wie in einen rostigen Blecheimer geräuspert

Bis dahin war aus dem basslastigen Soundbrei wenigstens ein dünnes Stimmchen zu vernehmen. Jetzt gibt es heftigen Hall aufs Mikro. Das hört sich an, als würde sich Britney Spears in einer Tiefgarage in einen rostigen Blecheimer räuspern.

Man wünscht sich, man wäre einer der Komparsen, die während des Songs in Duldungsstarre von der Bühnendecke hängen - mit Ledermützchen über den Ohren. Befremdlich, dass es in den zwölf Bussen, 15 Lastwagen und unter den 130 Leuten, mit denen Spears auf "Onyx Hotel"-Tour in die Stadt gekommen ist, um ihre neue CD "In The Zone" zu bewerben, nichts und niemanden gibt, solche Patzer zu verhindern.

Aber die nach "Oops!" wieder steigende Fanlaune kann ohnehin kein Aussetzer trüben. So geht die Show in 90 Standardminuten dahin, mit den perfekten Standard-Choreografien, mit spärlichen "Hello Germany"-Ansprachen und hinten raus dann noch mit einer abgeschmackten Swingerclub-Performance, bei der sich Britney Spears in Reizwäsche mit einem Statisten im Bett balgt und Tänzer in engen Unterhosen und Springerstiefeln sich gegenseitig streicheln.

Am Ende applaudiert die rückenfrei erschienene Zehnjährige genauso selig wie das Elternpaar. Ein erfolgreicher Abend.

© SZ vom 27.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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