Bretter auf Rollen:Von der Notlösung zur Erfolgsgeschichte

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Gleiche Grundidee, verschiedene Anwendungsmöglichkeiten: Longboard, Cruiser, Skateboard (von links). (Foto: Catherina Hess)

Die ersten Boards bauten sich Surfer, um auch auf festem Untergrund Wellenreiten zu können. Heute gibt es für jeden Anspruch das richtige Modell.

Von Stefanie Schwetz, München

Die Anfänge des Skatens sind in der US-amerikanischen Surferszene zu verorten. Ende der Fünfzigerjahre begannen die Wassersportler, bei ungünstigen Wetterbedingungen auf selbst gebaute Rollbretter auszuweichen. Dafür genügten ihnen Achsen und Rollen von Roller-Skates und ein einfaches Brett. Asphaltsurfer wurden diese ersten Skater genannt, die das Gefühl des Wellenreitens auf einen festen Untergrund übertrugen. Downhill-Slalom und Hindernisläufe waren die ersten selbst erdachten Disziplinen mit diesem neuen Sportgerät. Fabrikfertige Gefärte im freien Handel gibt es schließlich seit Mitte der Sechzigerjahre. Dabei versuchte man, die Boards kontinuierlich den technischen Anforderungen der jeweiligen Disziplin anzupassen. Je ausgefeilter die Tricks der Fahrer, umso kürzer wurde das Brett. Seither hat sich das Angebot an Boards extrem ausdifferenziert. Wer tief genug in die Tasche greift, gönnt sich ein maßgeschneidertes Produkt, bei dem Brett, Rollen und Achsen individuell auf Skater und Fahrstil ausgerichtet sind.

Obwohl das Skaten komplexe Fertigkeiten und eine ausgeprägte Trainingsbereitschaft erfordert, zählt es aufgrund fehlender Organisationsstrukturen eher zum Freizeitsport. Denn trotz professioneller Wettbewerbe auf internationaler Ebene kommt das Skaten im Amateurbereich ohne Verbände und Ligen aus. Längst ist das Fahren auf unterschiedlichen Brett-Typen als Bestandteil urbanen Lebensgefühls in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dabei dienen Skateboards, Longboards oder Cruiser nicht nur als Sportgerät oder Fortbewegungsmittel, sondern auch als Accessoire.

Wer das Skaten allerdings nur als irgendeinen Trend zwischen Freizeitbeschäftigung und Profisport, Subkultur und Sponsoring abtut, der verkennt, dass diese Art des Fahrens auf Rädern bereits tot geglaubt war, jetzt aber sportlich wie kommerziell einen neuen Boom erlebt. Eine Erfolgsgeschichte von der Notlösung zum Massengeschmack.  

Longboard

Das Longboard ist die Mutter aller Boards. Auch wenn es mit dem ursprünglichen Rollbrett der Asphaltsurfer nicht mehr viel gemein hat, steht es hinsichtlich Maß und Einsatz in der Tradition jenes Vorläufers. Seine heutige Grundform stammt aus dem Jahr 1981. Dank seiner ruhigen Fahrqualität eignet es sich gut für Einsteiger und erweist sich auch bei hohem Tempo als geschwindigkeitsstabil. Die Achsen sind anders als bei Skateboard und Cruiser so montiert, dass die Drehpunkte nach innen gerichtet sind, wodurch man selbst bei einem großen Achsenabstand einen engen Radius fahren kann. Auch für große und gewichtigere Fahrer ist das Longboard ein geeignetes Fortbewegungsmittel. All das macht das Brett sehr massentauglich. Als sportliche Disziplinen haben sich Downhill, Slalom, Long Distance und die weiblich dominierte Variante Dance mit tänzerischen Bewegungen herausgebildet.

Länge: zirka 90 bis 250 Zentimeter

Breite: 20 bis 35 Zentimeter

Gewicht: bis sieben Kilogramm

Deck: Ahorn, Esche, Bambus, Carbon und Fiberglas mit rutschfestem Griptape

Achsen: gusseisern oder computergesteuert gefräst, mit nach innen gekehrtem Drehpunkt

Rollen: weiche Gummimischung (Polyurethan) mit 65 bis 80 Millimeter Durchmesser

Klassisches Skateboard

Das klassische Skateboard ist das Brett für Sprünge und Tricks. Als Fortbewegungsmittel wird es eher selten benutzt. Als wesentliche Disziplinen des Skateboardens haben sich der Freestyle mit komplizierten Kunststücken in der Ebene, das Fahren in der Halfpipe sowie der Streetstyle, das Querfeldeinfahren über Hindernisse wie Treppen und Bordsteine herausgebildet. Selbst als olympische Disziplin war die immer noch männlich dominierte Sportart schon in der Diskussion, was dem Selbstverständnis der Skateboarder, die sich ungern festen Regeln unterwerfen, eher widerstrebt. Um den Freizeitwert in Kommunen zu erhöhen, wurden zuletzt vermehrt Skateanlagen im öffentlichen Raum installiert. Unter den Freizeit-Skatern tummeln sich Siebenjährige, die das Skateboard gerade für sich entdeckt haben, genauso wie rüstige 60-Jährige, die immer noch fahren.

Länge: zirka 80 Zentimeter

Breite: 18,5 bis 23 Zentimeter

Gewicht: etwa 2,5 Kilogramm

Deck: klassischerweise Ahorn, selten Carbon und Fiberglas, vorne und hinten nach oben gewölbt, mit rutschfestem Griptape

Achsen: gusseisern oder computergesteuert gefräst, mit nach außen gekehrtem Drehpunkt

Rollen: harte Gummimischung mit 50 bis 60 Millimeter Durchmesser

Cruiser

Der Cruiser ist, was Länge und Rollen angeht, eine Mischung aus Longboard und Skateboard. Er ist sehr vielseitig verwendbar, sowohl als Fortbewegungsmittel für kürzere Strecken als auch für kunstvolle Bewegungsabläufe und Tricks. Dabei kann man je nach Größe des Boards seinen eigenen Schwerpunkt legen. Da der Achsenabstand im Vergleich zum Longboard viel kürzer ist, erweist sich der Cruiser als besonders wendig. Der Cruiser ist auch für Leichtgewichte gut geeignet. An amerikanischen Universitäten werden die flexiblen Cruiser gerne genutzt, um sich auf dem Campus fortzubewegen. Im aktuellen Straßenbild finden sich gerade bei Jugendlichen beider Geschlechter häufig kleinere Modelle aus buntem Kunststoff.

Länge: 55 bis 80 Zentimeter

Breite: 15 bis 18,5 Zentimeter

Gewicht: 1,9 bis vier Kilogramm

Deck: klassischerweise Ahorn mit rutschfestem Griptape oder auch farbiges Vinyl ohne weiteren Belag

Achsen: gusseisern oder computergesteuert gefräst, in der Regel mit Traditional Kingpin, das heißt nach außen gekehrtem Drehpunkt

Rollen: weiche Gummimischung (Polyurethan) mit 60 bis 65 mm Durchmesser.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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