Bombengeschäft:"Investieren Sie in Krieg!"

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Wundern Sie sich nicht, wenn Sie demnächst als Klein-Aktionär angeworben werden. Ihr Geld wird gut angelegt - ins Kriegsaktien. Eine Münchner Performance.

Ruth Schneeberger

"There is no business like war business! Vergessen Sie den altbackenen Bausparvertrag und das langweilige Sparbuch - investieren Sie in Krieg und werden Sie stinkreich!"

Tina Srmekar und Katja Kobolt (rechts)gehen in München, Ljubljana und Wien auf Passanten-Fang. (Foto: Foto: Nada Zgank)

Mit Sprüchen wie diesen werden zurzeit Weihnachtseinkäufer aus der Münchner Fußgängerzone in die Sparkassenstraße gelockt. Und geraten bei Sekt und Glückskeksen ganz fix ins Verkaufsgespräch mit dynamischen Anlageberatern:

"Kriege funktionieren heutzutage mit Guerilla-Techniken, das nimmt die Zivilbevölkerung stärker in Anspruch und sorgt dafür, dass unsere Gewinne steigen", so eine blonde Dame mit glaubwürdig osteuropäischem Akzent, schwarzen Lederhandschuhen und Fellmütze.

Explosive Gewinne

Wer in Rüstungsindustrie, Transportlogistik oder Wiederaufbau investiere, könne explosive Gewinne erzielen. Deutschland zahle jährlich 30 Milliarden für Rüstung und Streitkräfte und profitiere vom Waffen-Export mit 900 Millionen - daran könne jeder mitverdienen.

Was ist da los? Das Branchentreffen der Waffenschieber? Die Jahresversammlung der Berufszyniker? Weder noch. Es ist Balkan-Festival in den Kunstarkaden und im Filmmuseum, und als Teil eines Programms aus Kunst, Symposien und Konzerten ist eine Performance zu sehen, die sich "Warmarkt Inc." nennt - in deutlicher Anlehnung an den amerikanischen Discountriesen Wal-Mart. Die Besucher sind entsetzt.

Und die Moral?

Ein Ehepaar nickt eifrig ob der Versprechungen vom großen Geld, wird dann aber unruhig: "Wo bleibt da die Moral?" "Wieso Moral?", entgegnen die smarten Berater, schließlich säßen wir alle im selben Boot, jeder neue Krieg sei ein Profit für die westliche Welt.

Kaum ein Passant, der sich nicht auf ein wohliges Gespräch mit den netten jungen Leuten einlässt - um erst nach geraumer Zeit und wachsender Empörung zu merken, dass er den Werbesprüchen auf den Leim gegangen, dies ein Kunstprojekt und die reale Welt noch viel beunruhigender ist.

"Jeder weiß um das Geschäft mit dem Krieg. Schlimm ist, dass es als selbstverständlich gilt", sagt Initiatorin Katja Kobolt. Ihr machen eher die Passanten Angst, die sich nicht echauffieren - und sich auch nicht aufregen lassen: "Kriegsinvestition? Naja, vielleicht später einmal."

Ein erfrischendes Projekt, sehr nah am Betrachter, das den Nerv der Zeit trifft - es wird am Dienstag, 12. Dezember, noch mal in München gezeigt (17 bis 20 Uhr).

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