Böhringer-Prozess:Urteil nicht in Sicht

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Im Indizienprozess um die Ermordung von Charlotte Böhringer ist auch nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung kein Ende des Mammutverfahrens absehbar. Er wird mit neuen Zeugen fortgesetzt.

Alexander Krug

Am Donnerstag eröffnete die Schwurgerichtskammer im Böhringer-Prozess erneut die bereits geschlossene Beweisaufnahme. Die Verteidigung hatte in ihrem insgesamt 16-stündigen Plädoyer Ende voriger Woche 38 neue Beweisanträge gestellt. Die Richter haben nun für die kommende Woche weitere vier Verhandlungstage angesetzt, an denen Zeugen gehört werden sollen. Der Prozess hat am 2. Mai 2007 begonnen und dauert bereits 86 Verhandlungstage.

Charlotte Böhringer war am 15. Mai 2006 in ihrer Wohnung in der Parkgarage in der Baaderstraße erschlagen worden. Nur drei Tage später wurde ihr Neffe Benedikt T. wegen Mordverdachts festgenommen. Er soll seine vermögende Tante aus Habgier umgebracht haben. Der 33-Jährige hat die Tat von Beginn an bestritten. In seinem Schlusswort am vergangenen Samstag wies er in seinem "letzten Wort" nochmals jede Schuld von sich: "Ich habe ein reines Gewissen."

Das "letzte Wort" ist in diesem Verfahren aber noch lange nicht gesprochen. Am Donnerstag gab es heftige Wortwechsel zwischen den Beteiligten um die nächsten Termine. Empört waren die Anwälte Stefan Mittelbach und Peter Witting darüber, dass die Kammer am heutigen Freitag weiter verhandeln wollte. Es sei doch "seit Wochen" bekannt, dass er an diesem Tag heiraten wolle, sagte Anwalt Mittelbach. Nur mit einem Verteidiger zu agieren, sei nicht akzeptabel. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", schimpfte Witting. Auch der Angeklagte bestand darauf, beide Verteidiger an seiner Seite zu haben.

Im Geplänkel um die neuen Prozesstermine bleibt unklar, wie vielen der 38 Beweisanträge die Kammer nun nachgehen wird. Am Donnerstag waren Zeugen geladen, von denen einige schon in der Vergangenheit vernommen worden waren, darunter der ehemalige Geschäftsführer Charlotte Böhringers.

Er war damals aufgrund einer Aussage des Angeklagten für kurze Zeit in Verdacht geraten. Für den Tatzeitraum konnte der Geschäftsführer allerdings ein Alibi vorlegen, das am Donnerstag nochmals überprüft wurde. Seine langjährige Freundin bestätigte, dass man an dem fraglichen Abend gemeinsam mit anderen in einer Dorfwirtschaft in Ismaning gezecht habe.

Wie viele Zeugen das Gericht nochmals vernehmen will, ist offen. Das Urteil im Fall Böhringer ist mehr als zwei Jahre nach ihrer Ermordung wieder in weite Ferne gerückt.

© SZ vom 25.07.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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