Böhringer Prozess:Ermordete fürchtete Anschlag

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Im Prozess um den Mord an Charlotte Böhringer haben Zeugen massive Kritik an Verhörmethoden geübt - und von einer Todesahnung Böhringers berichtet.

Alexander Krug

Die ermordete Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer fürchtete offenbar, einmal eines gewaltsamen Todes zu sterben. ,,Sie werden mich eines Tages umbringen'', vertraute sie einer Freundin an, die am Montag im Prozess als Zeugin auftrat.

Die 62-jährige Judith E. erklärte auf Nachfrage, dass Böhringer in dem Gespräch aber keine Namen genannt habe. Bei einer früheren polizeilichen Vernehmung soll die Zeugin allerdings konkret die Neffen als mögliche Täter ins Spiel gebracht haben.

,,Aus ihren Gesprächen war mir aber klar, dass es nur ihre Neffen sein konnten'', steht in einem Verhörprotokoll. Judith E. bestreitet diesen Satz. ,,Das muss ein Irrtum sein'', versicherte sie und äußerte indirekt massive Kritik an dem ermittelnden Beamten.

Die 59 Jahre alte Böhringer war am 15. Mai 2006 in der Penthouse-Wohnung oberhalb ihres Parkhauses in der Baaderstraße mit einem scharfkantigen Gegenstand erschlagen worden. Angeklagt wegen Mordes ist ihr Neffe Benedikt T., 32.

Er soll Geld aus den Parkautomaten für sich abgezweigt und eine Aufdeckung befürchtet haben. Das Hauptmotiv soll seine angeblich bevorstehende Enterbung gewesen sein. Der Angeklagte bestreitet die Tat, schweigt aber im Prozess.

Das Ehepaar William und Judith E. war mit Böhringer lange Jahre eng befreundet. Böhringer habe ,,zwei Gesichter'' gehabt, meinte William E. Sie war einerseits eine ,,toughe Geschäftsfrau'', andererseits eine ,,charmante und liebenswürdige Gastgeberin''. Über die bei ihr angestellten Neffen habe Böhringer viel geschimpft, weil sie ihren hohen Ansprüchen nicht genügte.

Am meisten aber habe sie über den ,,faulen'' Geschäftsführer hergezogen. ,,Sie sagte einmal, ich bin umgeben von inkompetenten Personen'', so William E. Auch Judith E. bestätigte, dass Böhringer vor allem die mangelhafte Leistung des Geschäftsführers kritisiert habe, so auch kurz vor ihrem Tod.

Sie selbst, so die Zeugin weiter, habe zu keinem Zeitpunkt die Neffen als potentielle Täter in Erwägung gezogen: ,,Warum auch?'' Der strittige Satz in dem Vernehmungsprotokoll sei so von ihr nicht abgezeichnet worden.

Vielmehr habe sie gebeten, das Protokoll später nochmals lesen zu dürfen. Der Beamte habe sie aber nur angeschrien: ,,Er wurde ganz rot im Gesicht, unsere Nasen haben sich fast berührt.'' Der Prozess wird heute fortgesetzt.

© SZ vom 19.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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