Bierpreis:10 Euro für einen Liter Bier

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In München gibt es während der WM kein Münchner Bier. Stattdessen wird eine amerikanische Marke angeboten, deren Preis selbst erfahrene Oktoberfestbesucher erschaudern lässt.

Philipp Mattheis

Ganz München ist besetzt von der Macht des internationalen Großkapitals. Unter dem Deckmantel eines Großereignisses sportlicher Art haben sich dunkle Mächte eingeschlichen, um das Herz der Weltstadt zu zerstören, ihre Bürger auszubeuten und sie zu einem Protektorat der Profitgier zu machen.

10 Euro für eine Maß Bier? Der Münchner hat die Wahl zwischen Widerstand und innerem Exil. (Foto: Foto: ddp)

Ganz München? Nein, eigentlich ist es nur die Allianz-Arena. Doch das ist in etwa so, wie wenn man den Pariser Eifelturm zu einer gewaltigen Burger-Bude umfunktionieren würde. Oder den Hypothalamus im menschlichen Gehirn mit einem Zombie-Chip ersetzt.

Nicht nur, dass in München, der heimlichen Hauptstadt des Bieres, kein Münchner Bier ausgeschenkt wird, sondern, neben einer nordeutschen Marke, eine schal schmeckende, außerdem aus einem anderen Land geklaute, Ami-Plörre. Das allein ist eigentlich schon ein Grund, auf die Straße zu gehen.

Jetzt muss man auch noch erfahren, wieviel eine Maß selbigen Bieres kosten soll. Der Preis schlägt dem Fass den Boden aus. Und das obwohl die Münchner - Wies'n- und Mietpreiserfahren - an einiges gewöhnt sind.

Vier Euro für 0,4 Liter Bier

Vier Euro für 0,4 Liter eines ausländischen Biers muss in der Münchner Allianz-Arena bezahlt werden. Das sind übrigens acht Mark. Die Maß gibt es für zehn Euro, respektive 20 Mark. Da mag man darauf spekulieren, dass dem geschröpften Stadion-Besucher das nun eh schon egal sei. Peanuts sozusagen. Eine Frechheit bleibt es trotzdem.

Das Organisationskomitee der Fußball-WM rechtfertigt sich damit, dass die Kosten für Kühlanlagen, Lagerstätten, Strom und Personal eben auch besonders hoch seien. Seien wir doch mal ehrlich: Ist das nicht die typische, neoliberale Argumentationsstruktur, wie man sie von Unternehmensberatungen und Machtpolitikern kennt?

Recht haben mag das Komitee zwar. Doch irgendwann helfen betriebswirtschaftliche Argumente nicht mehr weiter. An einem bestimmten Punkt versagt die Logik und das Gefühl meldet sich zu Wort!

Nämlich genau dann, wenn es um den Menschen im allgemeinen und den Münchner und seinen Spaß im Besonderen geht. Und beim Bier - wir erinneren uns an die Biergartendemonstrationen vor einigen Jahren - hört bekanntlich der Spaß auf.

Zudem auch die übrigen Getränkepreise deftig sind: Der halbe Liter Wasser kostet drei Euro, Softdrinks wie Cola gibt es für 3,50.

Die Wiesn-Wirte dagegen freuen sich. Strategisch klug gaben sie am selben Tag bekannt, dass die Maß - immerhin Münchner Bier - 7,50 Euro kosten wird. Sie betonen nun ihr Gutmenschentum und geben den Schwarzen Peter an die FIFA weiter. "Die Bierpreise der FIFA zeigen, dass München im europäischen Vergleich immer noch preiswert ist, sagt der Wiesn-Wirt der Bräurosl der Münchner Abendzeitung.

Widerstand oder inneres Exil?

Auch das Fan-Fest im Olympiapark brüstet sich mit angeblich ach so moderaten Preisen: hier zahlt man 3,50 Euro für den halben Liter (wenigstens auch Münchner Bier) und damit in etwa so viel wie in den teuersten Szeneclubs der Stadt.

Da bleibt dem Münchner nur der zivile Ungehorsam: Boykott oder der Gang auf die Barrikaden. Wem das zu anstregend ist - so typisch münchnerisch sind diese Protestformen ja nun nicht gerade - der kann sich an seine Jugend erinneren, als die Welt des Vergnügens noch unsagbar teuer war. Damals trank man einfach vorher zu Hause. Und zwar Münchner Bier. Denn das zählt in Bayern noch immer zu den Grundnahrungsmitteln.

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