Betrügerische Verkehrskontrollen:Polizei sucht kriminelle Polizisten

Lesezeit: 2 min

Beamte sollen Strafgelder bei Verkehrskontrollen in die eigene Tasche gesteckt haben. Bis jetzt müssen vier Verdächtige den Dienst quittieren -wie viele Autofahrer betroffen sind, ist unklar.

Von Monika Maier-Albang

Wie viele Autofahrer von den Verkehrspolizisten auf eigene Rechnung abkassiert wurden, lässt sich bislang noch nicht sagen. Mittlerweile haben sich sechs Verkehrssünder bei der Polizei gemeldet, die angaben, Strafgelder in bar bezahlt und dafür keine Quittung erhalten zu haben.

Einige der Autofahrer waren im Juli und August 2003 bei Kontrollen mit einem Laserhandmessgerät an der Ingolstädter Straße und in Hochbrück wegen zu schnellen Fahrens angehalten worden.

Rückhaltlose Aufklärung

Um die interne Prüfung voranzutreiben, hat die Polizeiführung das Kommissariat für Amtsdelikte mit den Ermittlungen betraut. Das K 134 war unter anderem bei den Übergriffen von Beamten der Wiesnwache auf Festbesucher 1998 in Aktion getreten. Die Polizei versichert, die Affäre schon im eigenen Interesse rückhaltlos aufklären zu wollen.

"Wir arbeiten auf Hochtouren an diesem Fall", sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Er weist darauf hin, dass die Polizei selbst den Radar-Skandal an die Öffentlichkeit gebracht hat.

Bereits im September liefen interne Ermittlungen an, nachdem eine Frau einem befreundeten pensionierten Polizeibeamten von einer Kontrolle erzählt hatte, bei der sie 275 Euro in bar bezahlte. (Ein derart hohes Strafgeld ist fällig, wenn man außerhalb geschlossener Ortschaften mehr als 51 Stundenkilometer zu schnell fährt.)

Versetzung nach Innen

Der Mann riet ihr, Anzeige zu erstatten. Anhand der Dienstpläne konnten Martin K. und Daniel K. ausfindig gemacht werden. Weil aber damals, wie Polizeisprecher Wenger sagt, die Beweise für eine Suspendierung nicht gereicht hätten, wurden die beiden in den Innendienst der Verkehrsüberwachung versetzt.

Als im Februar zwei weitere Frauen Anzeige erstatteten, führte die Spur wieder zu Martin K. und Daniel K. sowie zu einem 27-jährigen Kollegen. Am Wochenende schließlich wurde zudem ein 25-jähriger Polizeiobermeister vorläufig vom Dienst suspendiert.

Dass es sich bei den Verkehrspolizisten im Alter von 24 bis 31 Jahren um "relativ junge Kollegen" handle, entschuldige ihr "kriminelles Verhalten" nicht, sagt Gerhard Keller, Landeschef bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Keller ist kein vergleichbarer Fall in Bayern bekannt. Fest stehe jedoch, dass sich die Bürger "hundertprozentig auf die Beamten" verlassen können müssten.

Radar-Abzocker

Die mutmaßlichen Radar-Abzocker hätten deshalb "der Polizei einen Bärendienst erwiesen", unter dem nun rechtschaffene Kollegen bei der Verkehrspolizei zu leiden hätten, fürchtet Keller.

"Die werden jetzt wieder zu hören bekommen: ,Führt ihr das Geld überhaupt ab'?" Als positiv wertet der GdP-Chef die Tatsache, dass das Münchner Präsidium "offensiv mit der Sache umgeht". Polizeisprecher Wenger: "Das sind einige wenige, die so etwas tun, und von denen lassen wir uns unseren guten Ruf nicht kaputt machen."

Unterlagen sichergestellt

Aufschluss über die Höhe der veruntreuten Verwarnungsgelder erhofft sich die Polizei von Unterlagen, die bei Wohnungsdurchsuchungen sichergestellt wurden. Noch steht nämlich nicht fest, ob sich alle betroffenen Autofahrer auch bei der Polizei gemeldet haben. Die Möglichkeit besteht, dass sich Raser mit der Zahlung ohne Quittung von einem drohenden Führerscheinentzug freigekauft haben.

Die Polizei darf bei Kontrollen maximal 35 Euro in bar einziehen. Wer nicht sofort bezahlen will, kann auf einer Überweisung bestehen.

© SZ v. 2.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: