Benzinpreis:München, das Dieselpreis-Paradies

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Nur zu gerne nehmen viele Bayern ein paar Extra-Kilometer in Kauf, um von den niedrigeren Spritpreisen in Österreich zu profitieren. Nun gibt es einen neuen Trend: Ausgerechnet in München kostet der Liter Diesel acht Cent weniger als im Chiemgau. Ein Erklärungsversuch.

Johannes Süssmann

Bekannt wurde der Tanktourismus ja als grenzübergreifendes Phänomen. Nur zu gerne nehmen viele Bayern aus dem südlichen Grenzgebiet seit Jahren ein paar Extra-Kilometer in Kauf, um von den niedrigeren Spritpreisen in Österreich zu profitieren. Zur Urlaubszeit bilden sich besonders lange Schlangen an den Zapfsäulen im Nachbarland. Nun scheint sich - zumindest beim Diesel - ein anderer Trend abzuzeichnen.

1,579 Euro kostete der Diesel am Donnerstag in Traunstein. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Wer sich am Donnerstag ins Landesinnere bewegte, konnte folgende erstaunliche Beobachtung machen: Kostete der Liter Diesel an einer Shell-Tankstelle in Traunstein am Morgen noch 1,579 Euro, lag der Preis für dieselbe Menge in München um ganze acht Cent niedriger - ebenfalls an einer Shell. Beim Biokraftstoff E 10 betrug das Gefälle immerhin noch sechs Cent je Liter.

Ist die bayerische Landeshauptstadt - gemeinhin doch eher als Hochburg des Hochpreisigen bekannt - das neue Dorado für Dieseltouristen? Und wie erklärt sich das beachtliche Preisgefälle zwischen Stadt und Land, an Tankstellen ein und desselben Konzerns? Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes, argumentiert mit den Gesetzen des Marktes: "In München ist wohl der Wettbewerb etwas härter als auf dem Land. "

Zudem geht der Funktionär davon aus, dass es in der Stadt "ein paar Preisbrecher" gibt. In der Sprache der Mineralölkonzerne sind das in erster Linie die freien Tankstellen oder solche, die an Supermärkte angeschlossen sind. Die verkauften die Kraftstoffe oft zu besonders niedrigen Preisen. Und die Markentankstellen zögen nach, um keine Kunden zu verlieren. Auf dem Land hingegen ist der Wettbewerbsdruck laut Ziegner viel geringer - und dadurch steigt der Preis.

Stephan Zieger, Geschäftsführer beim Bundesverband freier Tankstellen, sieht das ähnlich. Ein Anbieter, dessen Betrieb viel weiter von einem Lager oder einer Raffinerie entfernt liege als eine Tankstelle in der Stadt, müsse schlichtweg mehr Geld für Transport und Logistik ausgeben. "Acht Cent Unterschied von Stadt zu Land kann ich aber auch nicht erklären", sagt er. Die freien Tankstellen, für Zieger ein wichtiges Preiskorrektiv in der deutschen Tankstellenlandschaft, könnten sich maximal vier bis fünf Cent Unterschied leisten.

Jürgen Albrecht vom ADAC hält es dagegen für folgerichtig, dass "die Markenanbieter beim Preis immer mit runtergehen: Auf dem lokalen Markt holen die alles raus, was rauszuholen ist". Ein Konzern mit bundesweit bis zu 2000 Stationen könne das wieder ausgleichen: durch höhere Preise auf dem Land. "Auch wenn das für den Autofahrer nicht immer nachvollziehbar ist." Dass Tankstellen in Gebieten mit viel Tourismus besonders großzügig an der Preisschraube drehen, hält er dagegen für ein Gerücht. Dafür beobachte sein Verein seit längerem viel stärkere Preisschwankungen innerhalb desselben Tages als noch vor wenigen Jahren. Albrecht rät daher zum Preisvergleich: "Der träge Verbraucher, der immer nur schimpft, ist eigentlich derjenige, der am wenigsten tut für den Wettbewerb."

Im bayerisch-österreichischen Grenzbundesland Tirol lag der Höchstpreis für einen Liter Diesel am Donnerstag übrigens bei 1,489 Euro - einen Cent unter Münchner Niveau.

© SZ vom 24.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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