Bayern-Wahl:Der dritte Versuch der Hochspringerin

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Die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier ist aus dem Schatten des Vaters getreten und könnte erstmals in ihrem Stimmmkreis gewinnen.

Von Berthold Neff

Wenn einem bei der ersten Kandidatur die Achillessehne reißt beim Weitsprung-Training mit Markus Wasmeier und bei der zweiten das Kreuzband, weil die beiden Kinder so ungestüm beim Spielen waren, was muss man da befürchten vor dem dritten Anlauf für den Landtag? Schlimmes eigentlich, aber bisher hat es Monika Hohlmeier nur insofern erwischt, als sie sich an die Spitze der von Intrigen und Affären gebeutelten Münchner CSU setzen musste, um hier endlich mal aufzuräumen.

Ansonsten aber läuft alles nach Plan für die Tochter von Franz Josef Strauß, die den Stimmkreis Milbertshofen nach zwei missglückten Versuchen erstmals direkt gewinnen will. Trotzdem stapelt sie tief. "Dieser Stimmkreis ist für die CSU eine echte Herausforderung, aber ich kämpfe für den Sieg", sagt sie im Amtszimmer am Salvatorplatz, hinter sich in den Vitrinen Schwäne, Löwen und die Patrona Bavariae, die Schutzfrau Bayerns, allesamt aus Nymphenburger Porzellan.

Letztes Mal, 1998, war Monika Hohlmeier dem Münchner SPD-Chef Franz Maget, nun Herausforderer von Ministerpräsident Edmund Stoiber, nur knapp unterlegen, mit 40,3 zu 41 Prozent. Am Ende gaben 335 Stimmen den Ausschlag. Da der Stimmkreis nun aber anders geschnitten wurde und mehr CSU-Wähler umfasst, hätte sie laut Statistik 207 Stimmen Vorsprung, falls SPD und CSU ihr Ergebnis von 1998 wiederholten.

Pünktlichkeit ist nicht ihre Tugend

So genau mag Monika Hohlmeier aber gar nicht nachzählen im Moment. Erstens hat sie dafür zu wenig Zeit. Das sieht man schon daran, dass sie zu ihren Terminen (außer der Kabinettssitzung) stets zu spät kommt. Eine Viertelstunde drüber ist Standard, und selbst nach einer halben Stunde geraten ihre Mitarbeiter nicht in Panik. Sie wissen, dass die Ministerin in diesem Jahr so viel zu tun hat wie noch nie seit ihrem Amtsantritt vor fünf Jahren. Es gilt, aus der Pisa-Studie richtige Schlüsse zu ziehen, die Ganztagsschulen auszubauen und von meuternden Städten die Schulen zu übernehmen.

Andererseits zeigt auch ein Blick auf die Umfragen, dass sich kaum ein CSU-Bewerber Sorgen machen muss, die Wahl zu verlieren. Schließlich hat sich die CSU an der 60-Prozent-Grenze festgesetzt, während die SPD bei 20 Prozent dümpelt. Müsste da nicht selbst ein so roter Stimmkreis wie Milbertshofen endlich zu knacken sein? Monika Hohlmeier sagt, man solle nicht vergessen, dass Helmut Kohl seinen Heimat-Stimmkreis Oggersheim erst 1990 erstmals gewann.

Und genau genommen ist ja Milbertshofen ihre Heimat nicht. Geboren und aufgewachsen ist sie in Sendling als drittes und jüngstes Kind jenes Mannes, der Bayern geprägt hat wie kein anderer Politiker. Sie hat früh am eigenen Leib gespürt, wie einem die Politik die Luft zum Leben nehmen kann. Sie wird sich jetzt, da bekannt wurde, dass Rechtsextremisten Franz Maget im Visier hatten, an jene Zeit erinnert haben, als der RAF-Terror Deutschland überzog.

Die Terroristen wussten, wann die Kinder heim kamen

Die Familie wohnte damals in der obersten Etage eines Hochhauses am Listseeweg in Mittersendling, stets von Polizisten umgeben. Später entdeckte man im Haus gegenüber eine konspirative Wohnung. Die Terroristen wussten, wann die Kinder gingen und wann sie wiederkamen. Monika Strauß schaffte es dennoch, manchmal so unbeschwert zu leben wie andere Kinder auch. Sie trieb Sport beim TSV 1860 München, für den sie mit 1,70 Metern im Hochsprung Oberbayern-Meisterin wurde. Am Dante-Gymnasium machte sie 1981 ihr Abitur.

Ein Jahr später, während ihrer Ausbildung zur Hotelkauffrau, legte sie den Namen Strauß ab, als sie den Wirtschaftsprüfer Michael Hohlmeier heiratete. Nach dem Tod ihrer Eltern (Marianne Strauß verunglückte im Sommer 1984, der Vater starb im Herbst 1988)begann sie 1990 als CSU-Gemeinderätin in ihrem Wohnort Vaterstetten und als Landtagsabgeordnete ihre Karriere. Da war sie 28, und auch wenn sie jetzt Hohlmeier hieß, wussten doch die meisten, dass dahinter ein anderer, großer Name stand.

Auch wenn diese Herkunft die Eintrittskarte war für die große Politik, so hat sie sich doch "den eigenen Namen aufgebaut", wie sie heute sagt. Sie wollte zeigen, dass sie nicht nur die Tochter eines berühmten Vaters ist, sondern aus eigener Kraft etwas bewegt.

Das ist ihr als Staatssekretärin und seit 1998 als Kultusministerin gelungen, selbst wenn es anfangs noch haperte: Die Familienbande brachten sie in die Bredouille. 1994 hatte sie zwei Multimedia-Firmen zur Präsentation ins Ministerium geladen, vermittelt von ihrem Bruder Max. Das gab Ärger. Gespannt warten Freund und Feind auch darauf, wie Max sich aus der Affäre ziehen wird, wenn er im Januar 2004 in Augsburg wegen Steuerhinterziehung vor Gericht steht. Das ist aber erst nach der Landtagswahl.

So also kann sich Monika Hohlmeier auf das konzentrieren, was sie zu verantworten hat: auf die Bildungspolitik in Bayern und darauf, dass die CSU so viele Stimmen kriegt wie noch nie. Klar ist: Je besser sie selbst abschneidet, desto höher dürften ihre Chancen sein, später noch mehr zu werden als nur Ministerin. Und wie lebt es sich so als Kronprinzessin? Da lacht sie nur und winkt resolut ab: "Mit solchen Personaldiskussionen belasten wir uns nicht."

Weil sie in ganz Bayern unterwegs ist, hat sie noch weniger Zeit als sonst, sich im Stimmkreis sehen zu lassen, was ihrem Kontrahenten Franz Maget deshalb leichter fällt, weil er dort wohnt und in fast jedem Verein sitzt. Immerhin hat sie schon vor acht Jahren ein CSU-Bürgerbüro in der Knorrstraße etabliert. Wenn dann Bürger in die Sprechstunde kommen, weil sie nicht mehr weiter wissen, greift sie schon mal selber zum Hörer, um beispielsweise den Krankenkasse-Chef zu fragen, warum man mit diesem Mann so umspringe. "Das hilft dann meistens", sagt sie lachend.

Ministerin im Mini

Für den Wahlkampf-Endspurt hat die Ministerin von BMW einen Mini gemietet und mit ihrem Porträt bekleben lassen. Zusammen mit ihren Helfern vom Hohlmeier-Team, das insgesamt 60 Mitglieder zählt, hetzt sie dann vom Infostand am Rotkreuzplatz (dort in der Klinik hat sie ihre beiden Kinder geboren) hin zum Elisabethplatz und dann zur Schleißheimer Straße, wie immer mindestens eine halbe Stunde hinter der vereinbarten Zeit. Sie hat viel Material dabei, unter anderem das "Original Wiesn Liederbuch". Ein Münchner gibt ihr die Hand und nimmt auch das Heftchen, obwohl er es gar nicht brauchen kann: "Wenn ich nichts getrunken hab, kann ich nicht singen, und wenn ich was intus hab, kann ich nicht lesen."

Hauptsache, die Leute können wählen, und zwar jene Partei, "die glaubwürdig und vertrauenswürdig ist und die Nöte der Menschen ernst nimmt", wie es die CSU-Ministerin formuliert. Deshalb geht sie am Infostand lächelnd auf die Menschen zu. Deshalb kehrt sie im Bierzelt in Trudering das Markige heraus und erinnert fast schon an ihren Vater, wenn die Stimme nicht damenhaft, sondern hart und dunkel die Luft zerschneidet. Den Fehler, die Menschen im Saal mit Einzelheiten der Pisa-Studie zu langweilen, macht sie kaum noch. Sie nahm es im Frühjahr sogar mit Peter Gauweiler auf, der es der CSU verübelte, nicht gegen den Angriff auf den Irak protestiert zu haben. "Sie war tapfer", sagte Gauweiler nach ihrer Bierzelt-Rede, und das klang durchaus wie Lob.

Und nachdem es Monika Hohlmeier vor zwei Jahren schaffte, dass ihr Mann in die CSU eintrat, könnte sie diesmal vielleicht sogar Milbertshofen erobern.

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