Banker wird Betrüger:Familienfrust

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Vierfacher Vater zweigt bei Bausparkasse eine Million Euro ab - Landgericht verhängt vier Jahre Haft.

Alexander Krug

Als Abteilungsleiter einer Bausparkasse genoss Jürgen M., 44, das Vertrauen seiner Vorgesetzten. Dass er Gelder für sich abzweigte, fiel jahrelang niemandem auf. Als der Schwindel schließlich doch aufflog, fehlte mehr als eine Million Euro.

(Foto: Foto: dpa)

Jürgen M. selbst hatte da schon den Überblick verloren. ,,Ich hab' das gar nicht mehr so richtig überrissen'', gestand der vierfache Familienvater am Donnerstag vor dem Landgericht freimütig ein. ,,Als ich die Summe gesehen hab', kriegte ich regelrecht einen Schock.''

Im Laufe von fast 20 Jahren hatte sich Jürgen M. bei der Bausparkasse bis zum Abteilungsleiter im Darlehensgeschäft hochgearbeitet. Das Jonglieren mit Krediten und Darlehen machte ihm Spaß und verschaffte ihm eine willkommene Ablenkung von seinen familiären Problemen. Denn zuhause warteten vier Kinder und eine Ehefrau - und das überforderte Jürgen M.

1986 hatte er geheiratet, seine Frau brachte eine Tochter mit in die Ehe. Drei weitere Kinder folgten, eher ,,ungeplant'' wie der Angeklagte meint. ,,Beruflich lief es gut, aber finanziell waren wir immer mau und knapp'', sagt Jürgen M. Die Karriere habe außerdem dazu geführt, dass er mehr Zeit in der Bank verbracht habe als zuhause. Nach und nach habe man sich so ,,auseinandergelebt''.

Jürgen M. ist aber auch so ehrlich einzugestehen, dass er mit der Rolle als vierfacher Vater nicht zurechtkam. ,,Vier Kinder sind eine Last'', sagt er. ,,Das war eigentlich nicht meine Lebensplanung.''

Zwei Ereignisse hätten die ohnehin schwierige Situation noch weiter verschärft: Erst kam eine Tochter mit einer geistigen Behinderung zur Welt. Und dann wurde er auch noch Großvater, weil seine andere Tochter als Minderjährige schwanger wurde.

,,Die Probleme wurden nicht weniger, sondern immer mehr'', sagt Jürgen M. rückblickend. Mit der Zeit habe er sich regelrecht in die Arbeit (und zunehmend auch in den Alkoholkonsum) ,,geflüchtet''. Das schlechte Gewissen aber konnte er damit auch nicht abtöten und so verfiel er dem Irrweg, es mit viel Geld beruhigen zu wollen.

Kostspielige Urlaubsreisen, schicke Klamotten, ein tolles Auto, Jürgen M. scheint seine Probleme regelrecht mit Geld zugeschüttet zu haben. Das Beste war gerade gut genug, die Kinder sollten auf jeden Fall die Waldorf-Schule besuchen, ,,und das kostet ja auch eine Menge Geld''.

Das Geld verschaffte sich der Angeklagte (Jahreseinkommen rund 60000 Euro brutto) mittels vielfältiger Tricks, mit fingierten Überweisungen, erfundenen Darlehensverträgen und versteckten Provisionszahlungen an Komplizen.

Die Anklage listet nur die Fälle ab 2001 auf, die früheren sind verjährt. Ob seine Frau denn nie gefragt habe, woher denn all das viele Geld stamme, will eine Richterin wissen. ,,Nein, darüber haben wir nie gesprochen'' entgegnet der Angeklagte.

Die Strafe für Jürgen M., der von Anwalt Frank Eckstein verteidigt wird, ist zwischen den Prozessbeteiligten schon vorher abgesprochen worden. Vier Jahre Haft wegen Betruges und Untreue lautet das Urteil. Elf Monate sitzt Jürgen M. bereits hinter Gittern und kann nun hoffen, dass ein Teil der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

© SZ vom 23.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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