Banden am Werk:Vorsicht, Fahrraddiebe!

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Jahrelang ist die Zahl der Fahrraddiebstähle in München deutlich gesunken, doch jetzt verschwinden wieder mehr Räder. Die Polizei rechnet in diesem Jahr mit einem Anstieg von zehn Prozent der Fälle.

Von Christian Rost

Anfang der 90er Jahre verschwanden pro Jahr bis zu 10.000 Räder in der Stadt. Verstärkte Kontrollen der Polizei und eine Initiative der Innenminister der Länder, die 1996 einen Code zur einheitlichen Erfassung von Rädern beschlossen, trugen dazu bei, dass sich in München die Zahl zwischenzeitlich fast halbierte. 2002 wurden nur noch 5649 Diebstähle angezeigt.

"Ein Grund ist sicher auch, dass das Fahrrad für Kriminelle immer weniger interessant wurde", sagt Kriminalrat Clemens Merkl von der Münchner Polizei. Damit meint er die "einheimischen Kriminellen", die "schlauer geworden" seien und sich auf für sie einfachere Weise Geld besorgten: mit gestohlenen Bankkarten etwa. Hier meldet die Polizei Zuwächse bei den Betrugs-Delikten von bis zu 20 Prozent pro Jahr.

EU-Osterweiterung

Das wieder aufflammende Interesse an Rädern, so glaubt der Kriminaler, hänge vor allem mit der EU-Osterweiterung zusammen. "Dort besteht ein Markt", sagt Merkl.

Er vermutet, dass Diebe aus Osteuropa gezielt zum Fahrradklau im größeren Stil anreisen. Die Zahlen sprechen dafür: Im Vorjahr registrierte die Polizei 6054 Diebstähle (plus sieben Prozent), heuer sollen noch einmal zehn Prozent dazu kommen, wie die Entwicklung im ersten Halbjahr befürchten lässt.

Immerhin kann die Polizei jeden sechsten Diebstahl klären und den Besitzern ihr Rad zurückgeben. In anderen Großstädten sieht es wesentlich düsterer aus: Die Aufklärungsquote liegt im Bundesdurchschnitt bei nur drei bis sechs Prozent, wobei in Berlin etwa 25.000 Räder jährlich abhanden kommen und in Hamburg immerhin noch rund 15.000. In ganz Deutschland sind es etwa eine halbe Million Räder.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club München (ADFC) rät zur Vorbeugung dringend zu einem guten Schloss, das "nicht unter 30 Euro zu haben ist". Für teure Fahrräder sollte man zusätzlich eine Diebstahl-Versicherung abschließen. Und das Wichtigste: Das Fahrrad codieren lassen - zum Beispiel an jedem ersten Mittwoch im Monat im ADFC-Radlerhaus an der Platenstraße 4 an der Theresienwiese (Anmeldung: Telefon 773429).

Registrierte Räder findet die Polizei leichter wieder. Weitere Tipps sind: Rahmen sowie Vor- und Hinterrad an einen verankerten Ständer oder andere feststehende Gegenstände anschließen, einzelne Teile wie Sattel oder Vorderrad mitnehmen und das Rad nicht an einsamen Plätzen oder uneinsehbaren Straßen abstellen, vor allem nachts.

Gerne unbeobachtet

Schließlich gehen Diebe bevorzugt unbeobachtet ans Werk. Große Abstellplätze etwa an Bahnhöfen sollte man meiden, weil Diebstähle hier besonders häufig vorkommen. Und: Individuelle Merkmale wie Aufkleber oder eine besondere Farbe lassen das Fahrrad unverwechselbar aussehen und schrecken ab. Solche Räder werden Diebe schlechter los.

Fahrradklau ist übrigens keine Modeerscheinung der letzten Jahre, wie ein Blick in die Münchner Stadtchronik beweist: Schon 1928 meldeten die Zeitungen "Massenhaft Fahrraddiebstähle". 2770 Anzeigen gingen bei der Polizei ein, die fast 1000 Täter ermittelte. Damals gab es aber auch noch ein heute zu vernachlässigendes Problem: Neben den Rädern verschwanden 118 Handkarren.

© SZ vom 02.07.03 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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