Auszahlungsdebakel bei BenQ:"Da besteht der Verdacht eines Betrugs"

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Arbeitsrechtler Johannes Falch zur Problematik von Abfindungen: Tipps, um nicht in die BenQ-Falle zu tappen.

Doris Näger

Kein Insolvenzgeld, vorerst kein Arbeitslosengeld, keine Auffanggesellschaft und keine Abfindung - 270 frühere BenQ-Mitarbeiter fallen nach der Insolvenz der früheren Siemens-Handy-Sparte durch alle Netze. Sie haben im Sommer Auflösungsverträge unterschrieben und Abfindungen vereinbart, die sie nun aber nicht mehr bekommen.

Arbeistrechtler Johannes Falch gibt Tipps, was man tun muss, um nicht in die BenQ-Falle zu tappen. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Abfindungen sind inzwischen ein weit verbreitetes Instrument: Firmen bauen Personal ab, ohne betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen. Was Arbeitnehmer bei einem solchen Angebot beachten müssen, um nicht in die BenQ-Falle zu tappen, sagt Johannes Falch. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und will für einige Ex-BenQ-Mitarbeiter klagen.

SZ: Wie sicher sind Abfindungen?

Falch: Abfindungen sind grundsätzlich nicht insolvenzgeschützt. Wenn ein Unternehmen pleite macht, gibt es ja viele Forderungen. In dieser Liste stehen Abfindungen an letzter Stelle. Die früheren Beschäftigten des Unternehmens bekommen dann erfahrungsgemäß nur zwischen zwei und acht Prozent ihrer vereinbarten Abfindungssumme. Selten kommt da mehr raus.

SZ: Passiert so etwas wie bei BenQ öfter, dass die Ex-Mitarbeiter um ihre Abfindungen geprellt werden?

Falch: Dass eine Firma Insolvenz beantragt, bevor die Abfindungen ausbezahlt sind, kommt im Einzelfall schon vor, ist aber eher selten. Im großen Stil wie bei BenQ - das halte ich für einmalig, da besteht der Verdacht eines Betrugs.

SZ: Was raten Sie Arbeitnehmern, die vor der Entscheidung stehen, eine Abfindung anzunehmen oder nicht? Falch: Es kommt auf den Einzelfall an. Wenn ein Unternehmen in der Krise steckt, wenn man mit seiner Insolvenz rechnet, ist höchste Vorsicht geboten. Allerdings können die Auflösungsverträge auch Teil eines soliden Sanierungsplans sein.

SZ: Aber gerade kriselnde Firmen bieten solche Verträge an.

Falch: Je solider ein Unternehmen, desto besser.

SZ: Gibt es Anzeichen im Betrieb, die den Arbeitnehmer stutzig machen sollten?

Falch: Wenn die Zahlung über die Maßen hoch ist, ist das ein Grund zur Vorsicht.

SZ: Wann ist das Maß überschritten?

Falch: Wenn die Abfindung höher ist, als die Faustformel es vorgibt. Sie sagt: ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

SZ: Sollte der Arbeitnehmer darauf achten, dass er die Abfindung möglichst zeitnah bekommt?

Falch: Es ist durchaus üblich, dass das Geld erst gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis ausläuft. Und nach vielen Jahren Betriebszugehörigkeit und entsprechender Kündigungsfrist kann das viele Monate dauern. Man kann aber auch eine vorzeitige Fälligkeit im Aufhebungsvertrag vereinbaren. Das ist Verhandlungssache.

SZ: Gibt es schon Urteile über ähnliche Fälle wie BenQ?

Falch: Nein, das ist in diesem Umfang etwas absolut einzigartiges.

© SZ vom 13.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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