Auswüchse um den Papst-Besuch:Pontifex als Party-Gag

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An Papstbier, -torten, -kissen, -tücher hat man sich gewöhnt. Ein Ende der Auswüchse rund um die Person Benedikts XVI. allerdings ist nicht abzusehen. Jüngstes Beispiel: Der Auftritt eines Papst-Doubles in einem Club.

Christopher Stolzenberg

Der Papst als Eventfigur, als Anlass für Kostümierungen, als Werbemittel, als Rabatt-Anlass, als Verkaufsschlager an Souvenirständen - seit Benedikt XVI. sein Amt angetreten hat, wird das Konterfei des Oberhaupts der katholischen Kirche zu allerlei benutzt, "was der Würde dieses Amts nicht entpricht", wie sich Kardinal Friedrich Wetter vor einiger Zeit äußerte.

Das Papst-Double (Foto: Foto: Stolzenberg)

Jeder, der den Papst als Verkaufsmagnet entdeckt hat, macht das auf seine Weise. Brauereien entwerfen Flaschenetiketten für ein Papstbier, Bäckereien spritzen Kreuze auf Torten. Man kann es als logische Weiterentwicklung sehen, dass bei all der Kommerzialisierung, dem freien Zugriff auf die Papstfigur, am Ende auch Diskotheken auf die Idee kommen, eine Papstfeier zu veranstalten, mit einem gedoubelten Benedikt. Papst- statt Schaumparty, wertfreier Hedonismus im Engelskostüm.

So geschehen am Samstagabend in einem Münchner Club. Männer in Nonnentrachten auf dem Dancefloor. Barbrüstige Mönche flirten mit der Mutter Maria im Arm und kleine weiße Engel mit plüschigem Heiligenschein werfen zarte Blicke in Richtung "Papst". Denn der Club hat ein Double engagiert, den Rentner Alfred, der nun, wie Benedikt XVI., mit Mitra, Soutane und dem Kreuzstab auf einem thronähnlichen Stuhl sitzt.

Er steht auf, hebt die Arme zum Gruß, setzt sich wieder. Dann knien einige "Mönche" vor ihm nieder und küssen seine roten Schuhe. Einer von ihnen drückt die Lippen auf die päpstlichen Wangen. Eine "Jungfrau" lässt sich auf seinem Schoß ablichten. Dazu dröhnen Bässe.

Der Rentner, der sich als Alfred vorstellt, hätte lieber George W. Bush nachgemacht, das wäre ihm angenehmer. Doch er sieht nun mal dem Papst ähnlich und "die jungen Leute mögen das", sagt er. Auf die Ähnlichkeit mit dem Pontifex hat ihn ein Freund aufmerksam gemacht, daraufhin bot er sich als Papst-Double einer Agentur an. Ganz wohl in seiner Rolle fühlt er sich dann aber scheinbar selbst nicht: "Ich wollte es nicht zu sehr ins Lächerliche ziehen", sagt er, "deshalb habe ich nicht so oft gesegnet."

Unter den Club-Gästen sind nur wenige Motto-gemäß in "himmlischer Verkleidung" erschienen. Zum Beispiel Katharina: Die Münchnerin hat extra die Schwesternhaube aus ihrer Zeit in der Klosterschule herausgekramt - sagt sie zumindest, schürzt die Lippen und fügt mit aufforderndem Blick hinzu: "Ich war soo lang allein..."

Die Aktion findet aber nicht nur Zustimmung unter den Gästen. "Den Glauben sollte man nicht auf diese Weise missbrauchen", meint Julia. Sie feiert an diesem Abend ihren Abschied als Junggesellin. Sie stört die Kommerzialisierung der Religion, sowohl in Form von Massenveranstaltungen mit dem Papst als auch als lachhafter Club-PR-Gag. "Der Glaube ist eine persönliche Sache nur zwischen mir und Gott", sagt sie ernst.

Ihre katholische Freundin Katja nimmt den päpstlichen Themenabend gelassener: "Der Anlass ist so gut jeder andere auch."

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