Asylrecht:Georgi und die Behörden

Lesezeit: 2 min

Eine Operation würde dem schwerbehinderten Georgi helfen. Doch seinen Eltern, Asylbewerbern, fehlt das Geld, und die Behörden können den Klinikaufenthalt nicht zahlen. Um die Operation selbst zu bezahlen, würde sein Vater viel arbeiten - doch das darf er nicht.

Von Christian Minaty

Georgi zuckt. Er schreit und verdreht die Augen. Vater Zlatko und Mutter Yordanka schrecken aus dem Schlaf, sind gleich zur Stelle. Durch sanftes Schütteln versuchen sie den 24-jährigen Sohn zu beruhigen und flößen ihm die Medizin ein, eine zu Pulver zerstoßene Tablette.

Georgi Trampov (Foto: Foto: min)

Fast jede Nacht hält Georgi seine Eltern auf Trab. "Es ist, als bekäme er Stromschläge", berichtet Zlatko Trampov. Georgi leidet an einer schweren Form der Epilepsie. Ein Geburtsfehler löste seinerzeit eine Hirnblutung bei ihm aus, die sein Gehirn irreparabel schädigte. Georgi befindet sich auf dem geistigen Niveau eines Kleinkindes, kann nicht sprechen und kaum laufen.

Auf der Suche nach Hilfe kamen die Trampovs vor anderthalb Jahren aus Bulgarien nach München. Im Campingwagen, damit Georgi liegend transportiert werden konnte. Seitdem hausen sie in einem aus Containern zusammen geschachtelten Asylbewerberheim in München. "In Bulgarien würde Georgi auf kurz oder lang sterben", sagt Zlatko Trampov.

In Sofia gab man ihm den Tipp, es mit dem Münchner Klinikum Großhadern zu versuchen. Und tatsächlich: Um die Ausfallzentren in seinem Gehirn zu lokalisieren, wollen Spezialisten der Uniklinik Georgi stationär aufnehmen und ein EEG-Videomonitoring durchführen. Danach ist eine Operation denkbar, die die epileptischen Anfälle reduzieren könnte.

Wären da nicht die Kosten von rund 33.000 Euro. Die will Großhadern vorher vom Münchner Gesundheitsamt beglichen wissen. Vater und Sohn mussten bei der Behörde vorstellig werden. Das federführende Münchner Flüchtlingsamt berief sich auf eine amtsärztliche Untersuchung - und lehnte ab: "Eine bereits 1993 durchgeführte chirurgische Maßnahme blieb damals ohne Erfolg. Der Proband ist weiter mit antiepileptischen Medikamenten eingestellt und damit ist, wie schon bisher, die erforderliche Grundversorgung gesichert."

Gilbert Cau vom Ausländersozialdienst der Caritas kann das nicht verstehen: "Von Ämterseite wird argumentiert, dass Georgis Krankheit chronisch sei. Wenn man aber die Behandlung in Großhadern nicht beginnt, kennt man auch nicht das Ergebnis." Cau betreut die Trampovs bei Behördengängen, gibt Tipps und vermittelt Ansprechpartner.

Keine Arbeitserlaubnis

Und so befinden sich die Trampovs in einer ausweglosen Situation: Einerseits wollen die Behörden nicht mehr bezahlen, als sie unbedingt müssen. Andererseits wird Zlatko Trampov aber bislang auch nicht die Erlaubnis gegeben, das Geld für Großhadern selbst zu verdienen. Er hat wie seine Frau und Georgi den Status einer Duldung - Abschiebung jederzeit möglich. Wie alle Asylsuchenden bekommen sie monatlich 40 Euro Taschengeld und sind zum Nichtstun verdammt.

Zlatko Trampov ist Restaurator. In Bulgarien hatte er zwar immer genug Aufträge. Für die zahllosen Arztbesuche von Georgi hatte er aber immer tiefer in die Tasche greifen müssen - bis nichts mehr übrig blieb.

Der Münchner Psychotherapeut Waldemar Moros bescheinigt seinem Patienten Georgi, dass der Lärm der Mitbewohner und ihre laute Musik eine "psychische Belastung" darstelle. Dies provoziere bei Georgi noch häufigere Anfälle.

Moros empfiehlt den Umzug in eine ruhigere Umgebung. Die Heimleitung kann den Wunsch nicht erfüllen: "Eine separate Wohneinheit mit eigenem Bad und Badewanne wie laut ärztlichem Attest empfohlen kann der Familie nicht zur Verfügung gestellt werden, weil in unserer Gemeinschaftsunterkunft nicht vorhanden."

Zlatko Trampov hat jetzt einen Anwalt eingeschaltet und einen Antrag auf eingeschränkte Arbeitserlaubnis auf Stundenbasis gestellt. Befreundete Ausländer, unter anderem Mitglieder einer Münchner Vereinigung russischer Künstler, griffen ihrem Restauratoren-Kollegen unter die Arme und kommen für die Kosten des Rechtsbeistandes auf.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: