Arbeiten auf der Wiesn:16 Mal 15 Stunden Maßkrüge schleppen

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Die Medizin-Studentin Katharina Karl kellnert 16 Tage im Hippodrom - und schreibt in der SZ ihr Tagebuch.

Von Doris Näger

(SZ-Artikel vom 20.9.2003)— Ein bisschen aufgeregt? Ja, natürlich ist sie das. Immerhin wird sie jetzt 16Tage lang einen Job machen, vor dem man Respekt haben kann. 16 Tage lang, 15 Stunden am Tag wird Katharina Karl im Hippodrom Maßkrüge schleppen und Hendl balancieren, mitten durchs Gedränge und angetrieben von stimmungs-süchtigen, ungeduldigen Freunden des Bieres. Früh morgens wird sie anfangen, am Wochenende um acht Uhr.

Zwei Liter Wasser und zwei Kaffee

Tische eindecken, Besteck in Servietten wickeln, Milch und Senf in Kännchen und Töpfchen füllen, Aschenbecher verteilen, Speisekarten auslegen. Und dann bis spät servieren an neun Tischen zu zweit, um halb elf die Abrechnung machen. Geregelte Pausen gibt es nicht, das Haus spendiert zwei Liter Wasser und zwei Kaffee pro Tag und verbilligtes Essen. Wenig beneidenswert. Einerseits.

Im normalen Leben ist Katharina Karl Medizinstudentin, 25 Jahre alt und kurz vor dem Abschluss. Als echte Münchnerin "wollt' ich das eigentlich schon immer machen". Weil sie aber demnächst schon ihr Praktisches Jahr (PJ) absolvieren wird, war das die letzte Gelegenheit, dort zu bedienen, wo sie schon als Kind den Geruch von gebrannten Mandeln und gebratenem Hendl in sich sog.

Erfahrung hat sie nicht all zu viel: Im Party-Service übte sie das Bedienen. Auf dem Viktualienmarkt an einem Käsestand wurde ihr Rechnen und Geld Herausgeben zur Routine. Nun muss sie alles kombinieren. Angst, sich zu verrechnen, hat sie nicht: "Ich kann noch nicht abschätzen, wie schnell so was passiert. Im Zweifel muss ich einfach mehr laufen."

Schimpfen erlaubt

Eines ist klar: Katharina Karl lässt sich nicht verrückt machen. Drum hat sie auch weder Gewichte gestemmt in den vergangenen Wochen, noch Dauerlauf oder Kopfrechnen trainiert. Und im Zweifel ist Gelassenheit vermutlich auch die beste Voraussetzung, um eventuelle Grapscher oder Sprücheklopfer zu parieren. "So lange es verbal ist, kann man ja zurückschimpfen, und wenn's schlimmer wird, hat man ja auch Kollegen oder Vorgesetzte zur Seite."

Lohnen wird sich die Mühe allemal: Zwölf Prozent Umsatzbeteiligung werden ihr Sold sein. Katharina Karl ist als Anfängerin auf der Galerie eingeteilt, erfahrungsgemäß nicht der große Tumult. Wie viel damit letztlich rüberkommt, wird sich zeigen. Das Geld braucht Katharina Karl einfach zum Überleben - im PJ verdient man nichts.

Von Montag an wird Katharina Karl täglich ihre Erlebnisse als Wiesn-Kellnerin erzählen - im Lokalteil der SZ.

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