Anwalt vor Gericht:Kurioser Kriminalfall

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Ein renommierter Anwalt prellt seinen Mandanten, der wiederum selbst Millionen ergaunert hat.

Alexander Krug

Gewundene Formulierungen sind sein Metier, schließlich ist Heinz B. Rechtsanwalt, führt zwei Doktoren- und einen Professorentitel. "Ich trete der Anklage nicht entgegen," sagt er schließlich nach längerem Anlauf und räumt damit ein, an einem der größten und kuriosesten Gaunerstücke der jüngsten Münchner Kriminalgeschichte beteiligt gewesen zu sein. In dem Stück geht es um Tierfreunde, die um Millionen geprellt wurden und um Betrüger, die sich um die Beute balgen.

Anwalt auf Abwegen: Heinz B. (li.) soll einen Mandanten um etliche Millionen erleichtert haben. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Heinz B sitzt seit Donnerstag auf der Anklagebank im Landgericht München I. Untreue, Betrug, Geldwäsche, Bankrott und Subventionsbetrug lauten die Vorwürfe. Ausgangspunkt des Verfahrens sind Vorgänge, die weit in die 90er Jahre zurückreichen. Im Mittelpunkt standen seinerzeit die dubiosen Finanzpraktiken des damaligen Vorsitzenden des Deutschen Tierhilfswerks (DTHW), Wolfgang U.

Der heute 62-Jährige hatte jahrelang Vereinsgelder auf eigene Konten abgezweigt, insgesamt sollen es rund 30 Millionen Euro gewesen sein. Der wahre Zweck seines Tierschutz-Imperiums, soll U. einmal einem Vertrauten anvertraut haben, sei es, "die Viechernarren kräftig abzuzocken".

Nach fast zweijährigem Prozess wurde Wolfgang U. im April 2003 vom Landgericht München II zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Einer seiner damaligen Anwälte war Heinz B., Spezialist für Wirtschafts- und Steuerrecht. Die Anklage wirft dem 50 Jahre alten Juristen vor, seinem Mandanten U. einen Teil der Beute wieder abgenommen zu haben, während dieser im Gefängnis saß.

Um an die ergaunerten Millionen von U. zu kommen, soll Heinz B. Blankovollmachten und -unterschriften seines Mandanten benutzt haben, die ihm dieser im Rahmen der Anwaltstätigkeit übermittelt hatte. Insgesamt soll Heinz B. laut Anklage rund 5,3 Millionen Euro der von U. ins Ausland geschafften Vermögenswerte in die eigene Tasche gesteckt haben.

Besonders pikant: Als 2005 Vollzugslockerungen für U. anstanden und damit die Machenschaften von Heinz B. aufzufliegen drohten, soll der Anwalt ein anonymes Fax an die zuständigen Richter geschickt haben mit der Warnung von angeblichen Mordplänen Wolfgang U.'s. Heinz B. wollte damit offenbar dessen vorzeitige Entlassung verhindern. Sein Pech: Das Gerät, mit dem er das Fax abschickte, wurde von einer Videokamera überwacht.

Seit Juni 2005 sitzt Heinz B. in Untersuchungshaft, seine Kanzlei in Düsseldorf steht vor dem Aus, seine Zulassung als Anwalt wird er demnächst zurückgeben. Auch den Professorentitel wird er wohl bald los sein, die Fachhochschule in Osnabrück hat jedenfalls schon einmal eine entsprechende Prüfung angekündigt.

"Ich hätte das Mandat U. nicht annehmen sollen, aber hinterher ist man immer klüger", sagt Heinz B. heute zu seiner Verteidigung. Er habe, als U. damals zwei Jahre lang in Thailand in Auslieferungshaft saß, stets "Vorleistungen" ohne entsprechendes Honorar erbracht. Er habe sich in das Mandat immer mehr "verbissen" und schließlich rund eine Million Euro vorgestreckt.

"Das Verlustrisiko war enorm", sagt der Angeklagte, wohl um damit anzudeuten, warum er sich schließlich selbst an den Geldern bediente.

Die Strafe für Heinz B. zeichnet sich bereits ab. Die Richter gaben am Donnerstag eine Absprache bekannt, wonach er im Falle eines Geständnisses und "Angaben zum Verbleib der Vermögenswerte" zwischen sechs und sieben Jahren Haft zu erwarten hat.

© SZ vom 16.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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