Ärger wegen Zeitunglesens:Unerwünschte Presse-Freiheit

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Richter und Verteidiger streiten sich ums Zeitunglesen: Der Anwalt Andreas Schwarzer liest gerne Zeitung - auch während der Verhandlung. Jetzt hat sich ein Richter über sein Verhalten beschwert.

Alexander Krug

Strafverteidiger Andreas Schwarzer liest gerne Zeitung. Das verbindet ihn mit Millionen anderen Menschen und wäre per se keiner Erwähnung wert. Doch Anwalt Schwarzer nimmt sich mitunter auch während einer Verhandlung die Freiheit, einen kurzen Blick in seine Süddeutsche Zeitung zu werfen.

Die Süddeutsche Zeitung ist Gegenstand einer Anzeige. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Das aber geht aus Sicht von Richter Frank Zimmer am Landgericht zu weit. Er hält diese Form der Presse-Freiheit für einen Affront und hat Schwarzer bei der Anwaltskammer angezeigt.

Seit Anfang Juni wird unter Zimmers Vorsitz gegen eine mutmaßliche Bande von irakischen und serbischen Autoschiebern verhandelt. Im Gerichtssaal herrscht seitdem drangvolle Enge: neun Angeklagte und ebenso viele Verteidiger, dazu Dolmetscher, mindestens ein Dutzend Polizisten, das fünfköpfige Gericht, der Staatsanwalt und weiteres Personal.

Das Verfahren bringt es mit sich, dass oft Details erörtert werden, die nur einen der Angeklagten betreffen. Für Anwalt Schwarzer sind es diese Momente, die er für einen raschen Blick in die Zeitung nutzt.

"Am Montag, den 9. Juli 2007 um 10.34 Uhr, stellte ich fest, dass Rechtsanwalt Andreas Schwarzer vor sich eine Süddeutsche Zeitung liegen hat", notierte Richter Zimmer akribisch.

"Ich wurde hierauf nur aufmerksam, weil Rechtsanwalt Schwarzer die Zeitung umblätterte."Aus seiner Sicht sei eine ordnungsgemäße Pflichtverteidigung so nicht möglich, zumal Schwarzer auch noch "regelmäßig" sein ebenfalls auf dem Tisch liegendes Handy in die Hand genommen habe.

"Ich betrachte das als ungebührliches Verhalten gegenüber dem Gericht, aber auch gegenüber dem Mandanten", heißt es in Zimmers Beschwerde an die Anwaltskammer.

Schwarzer kann darüber nur den Kopf schütteln. Er lege sein Handy nun mal lieber auf den Tisch "als es am Herzen zu tragen". Bei dem (stets abge-schalteten) Handy handele es sich außerdem um eine Art elektronisches Notizbuch, auf dem viele Daten abgespeichert seien.

In der Zeitung habe er damals einen Artikel über Schäubles Antiterror-Vorschläge überflogen. Seine Verteidigung sei dadurch in keinster Weise tangiert, zumal "ein Verteidiger durchaus zwei Dinge gleichzeitig tun kann, dafür ist er ja Anwalt". Im übrigen, so Schwarzer mit einem Augenzwinkern, habe er in solchen Momenten ganz andere Sorgen: "Das Problem an der SZ ist, dass sie so unhandlich ist."

© SZ vom 31.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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