1995—2000::Die erste Wehrmachtsausstellung

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Die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" hat die Gemüter erhitzt und gespalten.

Die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" wurde im März 1995 in Hamburg eröffnet und wurde bis zu ihrer endgültigen Schließung im Herbst 1999 in 33 Städten in der Bundesrepublik und Österreich gezeigt. Ungefähr 800.000 Menschen haben sie gesehen.

Die Ausstellung war Bestandteil eines umfangreichen Forschungsprojekts "Angesichts unseres Jahrhunderts. Gewalt und Destruktivität im Zivilisationsprozeß" des Hamburger Instituts für Sozialforschung. Mit unterschiedlichen Mitteln — zwei Ausstellungen, zahlreichen Vorträgen, Lesungen, Konferenzen, Podiumsdiskussionen und wissenschaftlichen Publikationen — sollte es einen Blick auf das 20. Jahrhundert als einem Jahrhundert bisher ungekannter Destruktivität bieten.

Heftige Debatten in der öffentlichkeit

Die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" löste von Ausstellungsbeginn an zahlreiche positive und negative Reaktionen aus. Sie war Anlaß für zwei Bundestags- und zahlreiche Landtagsdebatten sowie einer umfangreichen Diskussion in der breiten Öffentlichkeit über die Verbrechen des nationalsozialistischen Krieges. Im August 1999 war die Ausstellung an den Verein zur Förderung der Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" übergeben worden, wobei die Urheberschaft beim Institut verblieb.

Im Oktober 1999 veröffentlichten Fachwissenschaftler Forschungsergebnisse, nach denen Fotos in der Ausstellung falsch zugeordnet sein sollten. Auf ihnen seien keine jüdischen Pogromopfer, sondern Ermordete des sowjetischen Geheimdienstes NKWD zu sehen. Die Reaktion auf diese Kritik erreichte in der Öffentlichkeit ein Ausmaß, die zu einem Glaubwürdigkeitsverlust des Instituts und der Gesamtaussage der Ausstellung zu führen drohte.

Reemtsma lässt Ausstellung überprüfen

Am 4. November 1999 stellte Jan Philipp Reemtsma, Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung, die Ausstellung unter ein Moratorium und berief eine Historikerkommission ein, die die Ausstellung überprüfen sollte. Mitglieder der Kommission waren: Prof. Dr. Omer Bartov, Dr. Cornelia Brink, Prof. Dr. Gerhard Hirschfeld, Prof. Dr. Friedrich Kahlenberg, Prof. Dr. Manfred Messerschmidt, Prof. Dr. Reinhard Rürup, Dr. Christian Streit und Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer.

Am 15. November 2000 präsentierte die Kommission ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit. Die Ausstellung enthalte "1. sachliche Fehler, 2. Ungenauigkeiten und Flüchtigkeiten bei der Verwendung des Materials und 3. vor allem durch die Art der Präsentation allzu pauschale und suggestive Aussagen", es seien jedoch "keine Fälschungen im Sinne der leitenden Fragestellungen und Thesen" festzustellen. Die Kommission empfahl "die Ausstellung in einer gründlich überarbeiteten, ggf. auch neu zu gestaltenden Form weiter zu präsentieren".

Am 23. November 2000 stellte Jan Philipp Reemtsma die Prinzipien der Neukonzeption der zweiten Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941—1944" vor und erklärte, daß die erste Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt werde. Die Zusammenarbeit von Institut und Verein wurde im Dezember 2000 beendet.

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