Migration:Gemeinsam wegschauen

Geflüchtete auf französischen Straßen haben auch mit deutscher Asylpolitik zu tun.

Von Nadia Pantel

Wenn in Paris Geflüchtete auf der Straße leben, dann hat das nicht nur damit zu tun, dass die französische Asylpolitik dieses Elend duldet. Sondern auch damit, dass die deutsche Asylpolitik dieses Elend mit verursacht.

Am Dienstag holte in Paris die Polizei 2000 Menschen ab, die über Monate ohne staatliche Versorgung unter einem Autobahnzubringer geschlafen hatten. Paris hat sich an diese Räumungen inzwischen gewöhnt. Und nur sehr wenige innerhalb der EU regen sich darüber auf, dass eines der Gründungsländer der Union sich nicht dazu in der Lage sieht, Menschen ein Dach über dem Kopf zu bieten, deren Asylanträge gerade geprüft werden. Die gern erzählte Behauptung, dass auf der Straße nur diejenigen landen, die sich vor dem System verstecken wollen, stimmt nicht.

Auch Deutschland hat sich im Wegschauen eingerichtet. Unter denen, die in Frankreich im Wortsinn in der Gosse landen, sind Hunderte Afghanen, die jahrelang in Deutschland gelebt haben. Die Schulen besucht und Ausbildungen begonnen haben. Und die aus Angst vor ihrer Abschiebung nach Paris aufbrechen. Vielleicht ist ihnen nicht klar, wie sehr der französische Staat sie alleinelassen wird. Doch sie wissen, dass sie auf der Straße landen werden. Das ist ihnen lieber als die Rückkehr nach Afghanistan.

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