Europa:Deutschland blamiert sich

Berlin benennt keine Projekte für den Wiederaufbaufonds der EU. Damit schadet es vor allem den europäischen Nachbarn, die dringend Geld brauchen - aber keines bekommen.

Von Cerstin Gammelin

Wenn es um Europa geht, ist man in Deutschland oft schnell dabei, andere Staaten zu kritisieren - zu unstrukturiert, zu langsam, nicht sparsam genug. Umso schwerer wiegt es jetzt, dass die Bundesrepublik bei der Umsetzung des derzeit wichtigsten europäischen Projekts, des Wiederaufbaufonds der Europäischen Union, die Standards nicht erfüllt, die es anderen abverlangt.

Berlin hat keine nationalen Projekte benannt, die gefördert werden sollen mit dem Geld aus Brüssel. Und plant auch keine, obwohl diese Voraussetzung sind, um am Ende Mittel zu bekommen. Fehlanzeige auch im Bundestag - es ist keine Debatte geplant. Das ist peinlich. Vor allem trägt das deutsche Vorbild dazu bei, dass der Fonds nicht rechtzeitig arbeitsfähig sein wird. Dass es von Januar an Geld geben könnte, wird inzwischen ausgeschlossen.

Besonders problematisch daran ist, dass der lapidare Umgang Berlins mit dem Großprojekt andere Staaten, die dringend Geld brauchen, in die Bredouille bringt. Es kommt nämlich keins. Noch sind zwei Monate Zeit, dass sich Berlin seiner besonderen Verantwortung besinnt. Die Bundesregierung ist in der Pflicht für Europa. Kann der Wiederaufbaufonds seine Arbeit nicht aufnehmen, wäre Deutschland blamiert.

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