Drohnen:Bedrohliche Leerstelle

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Dort, wo dringend die Antworten der Regierungspartei SPD zur Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr gefragt sind, klafft nun eine bedrohliche Leerstelle.

Von Mike Szymanski

Die SPD hat sich in ihre Schutzzone zurückgezogen: In dieser Legislaturperiode, so hat es die Fraktion nun klargemacht, will sie nicht mehr über die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr entscheiden. Nach acht Jahren immer wieder aufflammender Debatten schienen alle Argumente ausgetauscht zu sein, die Mehrheit der SPD-Verteidigungspolitiker hatte Zustimmung signalisiert. Aber auf den letzten Metern zur Entscheidung macht die Parteispitze einen Rückzieher: Kampfdrohnen will sie nicht in ihrer Regierungsbilanz stehen haben. Dass sie im Streit darüber in Fritz Felgentreu sogar einen ihrer profiliertesten Verteidigungsexperten verliert, der diese Politik nicht mittragen will, nimmt sie in Kauf.

Mag sein, dass die Sozialdemokraten nun mit reinem Gewissen in den Wahlkampf ziehen können. Ins Konzept einer Friedenspartei, als die sich die SPD im Wahlkampf präsentieren möchte, passen Kampfdrohnen wahrlich schwer. Aber dort, wo dringend die Antworten einer Regierungspartei zur Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr gefragt sind, klafft nun eine bedrohliche Leerstelle.

Zuvörderst geht es um den Schutz der eigenen Soldaten in Auslandseinsätzen. Sie berichten, wie sie sich vor gegnerischen Raketen in Sicherheit bringen müssen, weil ihnen die Politik nicht die Waffen geben will, mit denen sie sich verteidigen können. Das erste Mal in all den Jahren der deutschen Diskussion überwog zuletzt der Schutzaspekt von Drohnen. Das war ein Fortschritt. Es ist richtig, die Drohne kann genauso als Killer-Automat eingesetzt werden. Der kaltblütige Drohnenkrieg, wie ihn die Amerikaner führten und immer noch führen und der von Gegnern immer wieder als abschreckendes Beispiel angeführt wurde, hat aber mit den Plänen der Bundeswehr nichts zu tun.

Die SPD argumentiert nun, der Konflikt um Bergkarabach ändere alles

Die SPD argumentiert nun, der Konflikt um Bergkarabach ändere alles. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bezeichnete das Kampfgeschehen als "ersten echten Drohnenkrieg". Tatsächlich war es Aserbaidschan mit Drohnen gelungen, den Gegner Armenien zu bezwingen. Sicher, diese Erfahrung weckt Ängste. Es war aber die SPD, die in den Verhandlungen mit der Union jenes Regelwerk entworfen hatte, das sicherstellen könnte, dass die Bundeswehr Drohnen nicht als Angriffswaffe einsetzt. Damit und in den Händen einer Parlamentsarmee wie der Bundeswehr wäre es weiterhin gut vertretbar gewesen, die Kampfdrohnen anzuschaffen.

Über alles Weitere - da liegt die SPD richtig - muss debattiert werden: Es gibt kaum noch Streitkräfte, die nicht auf Drohnen setzen. Sie sind billig, leicht verfügbar. Sie verleihen den Schwachen eine neue Stärke. Die Kriegsführung ändert sich. Es entstehen auch neue Abhängigkeiten. China ist zum Großexporteur von Drohnen aufgestiegen. Die Türkei, die Rüstungsgüter sonst gerne in Deutschland einkauft, hat eine eigene Drohnenindustrie aufgebaut.

Das sind die Realitäten im Jahr 2020; sie werfen neue Fragen auf: Was soll etwa die Eurodrohne, für deren Entwicklung mit europäischen Partnern die Verteidigungsministerin gerade das Budget um Millionen Euro aufgestockt hat, künftig können? Und wie steht es um die Drohnen-Abwehr der Bundeswehr? Eine Fähigkeit, bei der die Bundeswehr lange so sehr gespart hat, dass sie nur noch rudimentär vorhanden ist. Beansprucht die SPD weiterhin, Regierungspartei zu sein, wird sie sich harten Entscheidungen nicht viel länger entziehen können.

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