ZDF-Doku:Der Stargeiger und ein rätselhafter Mordversuch

Lesezeit: 1 min

Was steckt hinter dem Mordversuch an einem Hotelgast? Geiger Stefan Arzberger nach einer Anhörung vor dem Supreme Court in Manhattan. (Foto: dpa)

Eine ZDF-Doku porträtiert den deutschen Musiker Stefan Arzberger, der New York seit mehr als einem Jahr nicht verlassen darf. Der Vorwurf: Er soll in einem Hotel eine wildfremde Frau gewürgt haben.

TV-Kritik von René Martens

Hudson Hotel, New York, 27. März 2015. Am frühen Morgen irrt ein nackter Mann wie in Trance durch die neunte Etage und würgt eine ihm wildfremde 64-Jährige in deren Zimmer. Wenige Stunden später sitzt er in Haft. Der Vorwurf: Mordversuch.

Die Überwachungskameras lassen keinen Zweifel. Der Täter ist der Stargeiger Stefan Arzberger, der am Abend mit dem Leipziger Streichquartett im exklusiven Harvard Club auftreten sollte. Dass sonst gar nichts klar ist, zeigt Daniel Harrich in seiner sensiblen Dokumentation Eine verhängnisvolle Nacht. Gefangen in New York, die das ZDF in der Reihe 37° zeigt. Der 42-jährige Arzberger sagt, er habe keine Erinnerung an die Tat. Viel spricht dafür, dass ihn eine Prostituierte, die ihn an jenem Morgen ausraubte, unter Drogen gesetzt hat.

Kultur
:Geiger im Netz von New Yorks Justiz

Stefan Arzberger wird versuchte Tötung vorgeworfen, doch seit August ist der Prozess ins Stocken geraten. Nun gibt es ein Benefizkonzert für ihn.

Von Rita Argauer

Arzberger ist zwar auf freiem Fuß, weil Familie und Freunde 100 000 Dollar Kaution aufgebracht haben, aber er darf die Stadt nicht verlassen, nicht arbeiten, hat kein Geld. Ließen ihn nicht Kollegen wie die Cellistin Alicia Weilenstein bei sich wohnen, wäre er obdachlos. Vor allem wird der Deutsche dadurch zermürbt, dass sich das zuständige Gericht nach mehr als einem Jahr nicht in der Lage sieht zu entscheiden, ob es Anklage erhebt - etwa weil ein im Juni 2015 bestelltes psychologisches Gutachten noch nicht fertig ist. Ärger noch: Die Frage, ob Arzberger die Tat unter Drogeneinfluss beging, lässt sich nicht mehr klären, weil die Polizei keine ausreichenden Bluttests vorgenommen hat.

Deprimierende Bilder aus einer der attraktivsten Städte der Welt

Eine verhängnisvolle Nach t ist somit auch eine Dokumentation über schlampige, schleppende Ermittlungen - das Spezialgebiet des Grimme-Preisträgers Harrich, wie schon seine Filme über das Oktoberfest-Attentat und illegale Waffenexporte bewiesen.

Arzberger sagt, ihn trieben "dunkle Gedanken" um, es gebe nur einen Grund "weiterzumachen": Er wolle jenen, die ihm geholfen haben, "etwas zurückgeben". Die Bilder von Kameramann Walter Harrich, dem Vater des Regisseurs, zeigen, wie der Musiker passiv durch eine der attraktivsten Städte der Welt streift. Er wirkt dabei wie ein Geist. Das deprimiert noch mehr als Arzbergers Erzählungen über seine ständigen Grübeleien.

Eine verhängnisvolle Nacht. Gefangen in New York , ZDF, 22.15 Uhr.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ausblick auf das Serienjahr
:Die spannendsten Serien 2016

Gérard Dépardieu wird Bürgermeister von Marseille, Damian Lewis Hedge-Fonds-Manager und in schwedischen Wäldern verschwinden Kinder.

Von Karoline Meta Beisel
Jetzt entdecken

Gutscheine: