US-Medien:Streitgespräch

Lesezeit: 2 min

Ein Fernseh-Interview mit einem Verschwörungstheoretiker sorgt in den USA für Wirbel.

Von Sacha Batthyany

Selfie mit einem Verschwörungstheoretiker: NBC-Moderatorin Megyn Kelly und Alex Jones, der Gründer des Nachrichtenportals Infowars. (Foto: Alex Jones/YouTube)

Das Interview zwischen der NBC-Moderatorin Megyn Kelly und dem Verschwörungstheoretiker Alex Jones gab zu reden, noch bevor es jemand gesehen hatte. Es sei ein "Aufeinandertreffen zweier Alphatiere", hieß es. Wird es Kelly schaffen, Jones, den rechtsnationalen Hetzer und Gründer des Portals Infowars, in die Schranken zu weisen, fragten die einen. Die anderen riefen zum Boykott: Männern wie Jones solle man keine Plattform bieten. Und die Bank J.P. Morgan Chase bat beim Sender darum, an diesem Abend nicht im Werbeblock vorzukommen - da sie mit Jones' Auftritt nichts zu tun haben wollte.

Nachdem das Interview am Sonntag auf NBC endlich ausgestrahlt wurde, muss man sagen: alles halb so wild. Das Gespräch wird Jones-Jünger nicht bekehren und Gegner der Moderatorin nicht von ihren Fähigkeiten überzeugen. Die Fernsehzuschauer Amerikas sind so fragmentiert, wie das Land selbst: Jede Gruppe hat ihre Sender. Gewonnen hat einzig NBC, weil die Quote wohl stimmte.

Megyn Kelly ist eine der prominentesten Fernsehjournalistinnen der USA. Sie hat jahrelang für den konservativen Sender Fox News gearbeitet und wurde 2015 landesweit bekannt, weil sie den damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mit Fragen zu dessen Frauenfeindlichkeit verärgerte. Kelly wechselte in diesem Jahr zu NBC, doch ihrem hartnäckigen Stil blieb sie treu.

In ihrem Interview warf sie Alex Jones vor, Lügen zu verbreiten, Hetze zu betreiben und Millionen Menschen zu manipulieren. Jones hat in den vergangenen Jahren nicht nur behauptet, die amerikanische Regierung stünde hinter 9/11; er hielt das Schulmassaker in Newtown 2012, bei dem 28 Menschen starben, für eine Zeitungsente und für Propaganda der Waffengegner. Über Hillary Clinton behauptete er, sie beteilige sich an einem Pädophilen-Ring und halte in Washington DC kleine Kinder in einer Pizzeria gefangen. "Warum erzählen Sie solchen Unsinn, Sir?", fragte Kelly ihren Interviewgast Alex Jones, der aus dem Stammeln bald nicht mehr herausfand.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Ihre Entscheidung, Alex Jones zu interviewen, habe mit Trump zu tun, sagte Kelly im Vorfeld. Der Präsident nehme immer wieder auf Beiträge von Infowars Bezug. Trump war bereits Gast in einer von Jones' Sendungen und attestierte ihm einen "tadellosen Ruf". Man dürfe Verschwörungstheoretiker wie Alex Jones nicht länger ignorieren in diesen Zeiten, in denen ein solcher im Weißen Haus sitze, sagte Kelly. Jones tat nach dem Interview, was er immer tut: Er brüllte und verkündete auf seinem eigenen Kanal, es sei alles anders gewesen. Kelly habe ihn reingelegt. Er werde das Gespräch in voller Länge veröffentlichen und "die Wahrheit über Megyn Kelly erzählen", sagte Jones. Seine Zuschauer werden ihm glauben - denn das ist das Problem an solchen Interviews: Sie bringen zwar Quote, aber sie verändern im Normalfall nichts und verhärten nur die Fronten.

© SZ vom 20.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: