TV-Projekt:Lawine in vier Folgen

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Tragische Wirklichkeit: das von einer Lawine verschüttete Rigopiano. (Foto: Italian Firefighters/AP)

Es sind noch nicht einmal alle Toten beerdigt, da wird schon an einer Verfilmung gearbeitet: Italien diskutiert über eine geplante Fernsehserie zum Drama im Hotel Rigopiano.

Von Oliver Meiler

Auf ihrer ständigen Suche nach immer neuem Stoff für Filme und Fernsehserien lassen sich Produzenten und Regisseure gerne von der Realität inspirieren. Oft bietet die Wirklichkeit auch unerhört dramatischen Stoff - so dramatisch, als wäre er dem Fiktiven entsprungen. Der italienische Filmproduzent Pietro Valsecchi fand nun, dass die Tragödie im Hotel Rigopiano, das unlängst nach einem Beben von einer Lawine verschüttet wurde, einen formidablen Stoff für eine TV-Serie abgeben würde. Und da er schon eine genaue Vorstellung davon hat, wie sich das Werk gestalten ließe, und wohl auch anderen zuvorkommen wollte, mochte er nicht lange warten und verkündete sein Projekt gleich schon mal in einem Communiqué: La valanga soll die Serie heißen, Die Lawine. Eine "Miniserie" mit vier Folgen von je 50 Minuten Dauer. Wenn alles gut gehe, wäre sie im kommenden Januar fertig - zum Jahrestag.

Die Toten sind nicht mal bestattet, da soll schon gefilmt werden?

In Italien fragt man sich nun, ob es diesem Valsecchi, der schon viel Erfolg hatte mit Blockbuster-Komödien und Doku- Fiktionen, an Sensibilität oder am Sinn für Timing fehle - oder an beidem. Das Unglück ist erst dreieinhalb Wochen her. Noch immer sind nicht alle 29 Todesopfer bestattet worden. Noch immer liegt das Hotel in Trümmern, abgeschottet von der Umwelt. Als vor einigen Tagen ein Angehöriger einen Blumenstrauß niederlegen wollte am Unglücksort, verbot man ihm den Zutritt. Noch immer sind viele Fragen zu den Unfallursachen unbeantwortet, die Ermittlungen der Justiz haben eben erst begonnen. Die Trauer der Hinterbliebenen ist groß. Genauso wie das Trauma jener, die unter den Eismassen gefangen waren, manche 58 Stunden lang, und gerettet werden konnten. Und da denkt einer schon ans Filmen?

"Darf man das überhaupt?", fragte etwa Giampiero Parete, der Koch, in der Zeitung Corriere della Sera. Parete hatte sich zum Zeitpunkt des Lawinenniedergangs durch Zufall außerhalb des Hotels aufgehalten und die Polizei informiert. "Kann man die nicht stoppen?" Paretes Frau und Kinder waren im Hotel geblieben, in zwei verschiedenen Räumen, haben aber überlebt.

Als die Empörung wuchs, räumte Produzent Valsecchi ein, dass er vielleicht etwas früh dran sei mit seiner Idee. Doch habe er schon immer vorgehabt, mal einen Film über die vielen italienischen Helfer zu machen, die Zivilschützer und Feuerwehrleute vor allem, die sich nach Naturkatastrophen selbstlos aufopferten, damit das Land wieder auf die Beine finde. Es liege ihm viel daran, sagte Valsecchi, dass ihm auch Überlebende aus dem Hotel Rigopiano bei der Arbeit helfen würden. Für eine bessere Wahrheitsfindung. Es ist eher unwahrscheinlich, dass ihm viel Hilfe zufliegen wird.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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