TV-Film "Der Staatsfeind":Schrei, wenn du kannst

Lesezeit: 2 min

Beim Sat-1-Film reicht die Spannung für fast gar nichts, obwohl die Action-Vorbilder ziemlich klar sind. Und obwohl Henning Baum noch einmal in seiner Paraderolle als lässiger Polizist zu sehen ist.

Von Benedikt Frank

Henning Baum in seiner Paraderolle als lässiger Polizist, diesmal als ein zu Unrecht verfolgter. (Foto: Marc Reimann/Sat 1)

Ein unschuldiger Mann wird durch eine Geheimdienstverschwörung zum meistgesuchten Verbrecher der Nation und ringt nun um seine Freiheit und den guten Ruf. Man kann sich in etwa vorstellen, was da passiert, weil ein ähnlicher Plot schon in unzähligen TV-Wiederholungen des 20 Jahre alten Actionthrillers Der Staatsfeind Nr. 1 zu sehen war. Will Smith läuft darin der NSA davon. Sat 1 versucht sich unter dem Titel Der Staatsfeind ohne Nummerierung nun an einer Art nationalem Rebranding des Genres.

Als Event-Zweiteiler angekündigt, soll Der Staatsfeind etwas Besonderes sein. "Event" ist hier allerdings in der Minimaldefinition zu verstehen: Es passiert etwas. Es gibt eine Handlung. Sie spielt in München, die Hauptrolle hat Henning Baum. Weil der in der Sat-1-Serie Der letzte Bulle recht erfolgreich den lässigen Polizisten spielte, ist er jetzt wieder ein lässiger Polizist, nur ein zu Unrecht verfolgter. Einigen an der Produktion Beteiligten waren zumindest die Genre-Klischees bekannt. So verstecken sich die Protagonisten auf Toiletten, während ein Verfolger langsam eine Tür nach der anderen öffnet, oder sie treffen sich konspirativ in dunklen Kinosälen. Die Gegner des Verfolgten können fast alles überwachen, außer wenn es drauf ankommt, dann sind sie zu blind oder zu doof. Im ersten Film geht es um die Flucht, im zweiten darum, die Jäger zu jagen.

All das ist so leidenschaftslos inszeniert, dass dem Resultat nicht nur jede Spannung fehlt, sondern es ist auch so emotionslos, dass man nicht einmal die Kraft zum Umschalten findet. Alleine die Grundsituation, im TV als Terrorist zur Fahndung ausgeschrieben zu werden, sollte doch eine tiefe existenzielle Angst begründen, die ein Publikum zu fesseln vermag. Doch neben Henning Baum, der sich immerhin bemüht zu spielen, stehen da Schauspieler und Schauspielerinnen apathisch in der Gegend herum und müssen hölzerne Sätze sagen. Manche haben noch nicht mal Körperspannung, wenn sie schreien.

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Man fragt sich, wie es Aufgabe des Filmförderfonds Bayern sein kann, so ein Projekt mitzufinanzieren. Worauf der Film hinausläuft, dürfte schon früh am Drehbuch erkennbar gewesen sein. Man bemühte sich noch nicht einmal um die innere Logik der Welt. Da läuft die größte Fahndung der Geschichte nach einem angeblichen Terroristen, doch ein Konzert im Olympia-Stadion wird nur von einer Handvoll Streifenpolizisten geschützt - in einer Stadt, die bewiesen hat, wie sie in einer solchen Situation reagiert, und die auch mal Hundertschaften schickt, wenn Jugendliche im Englischen Garten randalieren.

Als der Vorstandsvorsitzende von Pro Sieben Sat 1 vergangenes Jahr sein Publikum als "ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm" bezeichnete, war er kurze Zeit später ein ehemaliger Vorsitzender. Offenbar geht es dem Konzern zu weit, die Körper und das Einkommen der Zuschauer direkt zu beleidigen. Dieser Event-Zweiteiler belegt, dass es aber in Ordnung ist, wenn Sat 1 sein Publikum für komplett bescheuert hält.

Der Staatsfeind, Sat 1, Dienstag, 20.15 Uhr, Teil zwei 15. Mai, 20.15 Uhr.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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