Türkei und ZDF:"Der Tiefpunkt"

Ein türkischer Fernsehreporter will unangemeldet beim Böhmermann-Sender ZDF vorbeischauen und kommt nur bis zur Pforte. Er beklagt mangelnde Pressefreiheit - und erntet viel Häme im Netz.

Von David Denk

Fernsehreporter, die besonders investigativ wirken wollen, bedienen sich gern eines einfachen Kniffs: Sie tauchen unangemeldet irgendwo auf und wundern sich vor laufender Kamera wortreich darüber, dass sie wie die ungebetenen Gäste behandelt werden, die sie nun mal sind. Diese Masche beherrscht auch Mevlüt Yüksel: Ein Beitrag des Magazins Yaz Boz, der gerade im Internet fleißig geteilt (und verspottet) wird, zeigt den Reporter des Erdoğan-nahen Nachrichtensenders A Haber an der Pforte des Mainzer ZDF-Geländes. Aus der "Pressefreiheit", auf die sich Yüksel ständig beruft, leitet er das Recht ab, beim Haussender des in Ungnade gefallenen Satirikers Jan Böhmermann eingelassen zu werden.

Yüksel scharmützelt also mit dem Sicherheitsdienst ("Er hat Anweisungen") und schießt sich auf den Unternehmenssprecher ein, der im Hintergrund gestikulierend auf einen Mann einredet. "Seine Hände sprechen, als würde er fluchen", sagt Yüksel. "Ist das Gastfreundfreundschaft?" Steckt der Sprecher die Hände in die Taschen - auch nicht besser. Yüksels Bilanz: "Das ist der Tiefpunkt, den die Pressefreiheit in Deutschland erreicht hat." Nur mal so als Gedankenspiel: Was wohl passieren würde, wenn ein deutscher Reporter unangemeldet den türkischen Präsidenten besuchen will?

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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