Spielfilmtipps:Suche nach dem Ausweg

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Im Feiertagsprogramm: Eine Verdichtung des russischen Alltags und eine Junkie-Clique in Edinburgh.

Von Stefan Fischer

Durak - Der ehrliche Idiot

Arte, Mittwoch, 23.45 Uhr

Eine fiktive Verdichtung des russischen Alltags hat Jurij Bykow 2014 inszeniert. Dima (Artjom Bystrow) lebt mit Frau, Kind und den Eltern in einer kleinen Wohnung. Er sucht einen Ausweg, studiert Ingenieurwesen. Aber die Verhältnisse lassen ihn nicht aus: Die Familie nörgelt, dass er sich zu wenig kümmert, kein Geld heimbringt. Als ein Wasserrohr platzt in dem Wohnblock, stellt er fest, dass der Schaden immens ist, ein Einsturz des Hauses droht, 800 Menschen in Gefahr sind. Drastisch zeigt Bykow, wie bei allen Institutionen und auch unterhalb der Bewohner Solidarität und Verantwortungsbewusstsein fehlen. Inkompetenz und kriminelle Energie paaren sich zu einer massiven Bedrohung der Gesellschaft. Davor läuft die Doku Putins Zeugen über den Machthunger des russischen Präsidenten (22.05 Uhr).

Die Überglücklichen

Arte, Mittwoch, 20.15 Uhr

Valeria Bruni Tedeschi kommt in diesem Film nicht zur Ruhe. Sie spielt eine Frau, die unentwegt redet. So lange, bis alle die Waffen strecken. Bis sogar die Schwermut kapituliert, die sich tief eingenistet hat ins Gemüt von Donatella (Micaela Ramazotti). Die beiden Frauen leben in einer psychiatrischen Einrichtung, aus der sie jedoch ausbüxen. Der Regisseur Paolo Virzì schickt sie auf einen Roadtrip, in dem sich immense Chancen auftun, die beiden aber auch von gewaltigen Rückschlägen zurückgeworfen werden. Innere und äußere Zwänge arbeiten immerzu gegen den Freiheitsdrang. Das ist furios gespielt, weil die beiden Hauptfiguren nicht nur deshalb mit ein paar Verrücktheiten ausstaffiert werden, damit der Film umso kurioser wirkt. Sondern weil sie ernsthafte Probleme haben, die sie nicht mit einem Tapetenwechsel einfach abschütteln können.

Das Schweigen der Lämmer

ZDFneo, Donnerstag, 22.20 Uhr

Ein Klassiker des Genres, stilprägend und weitere Filme und eine Serie nach sich ziehend. Ein archaisches Duell, Mann gegen Frau, Alter gegen Jugend, Freiheit gegen Zwang. Das FBI jagt einen Serienmörder, den Schlüssel könnte Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) liefern, seinerseits Killer und obendrein Kannibale. Der feilt an einem eigenen Schlüssel, der ihn aus seiner Zelle befreien kann. Ein perfider Plan, in dem Clarice Starling (Jodie Foster) eine entscheidende Rolle spielt, die beim FBI noch in der Ausbildung steckt. Der Mörder konstruiert einen Hebel, der länger ist als jener der Polizei; und er liefert den schlagenden Beweis, dass Freiheit, zumindest die innere, keine Frage von Gitterstäben ist. Jonathan Demmes Thriller ist eine Abfolge von Showdowns, nervenaufreibend und bestialisch.

Trainspotting

Nitro, Mittwoch, 22.05 Uhr

Zu lachen kann auch ein Schutz sein. Vor der Absurdität des Erlebten oder Gesehenen. Der Regisseur Danny Boyle zwingt einen immer wieder in solch ein Gelächter hinein. Das einen den Ekel und die Erbärmlichkeit ertragen lässt, die er in seinem gewitzten, pointierten, aber eben mitunter auch schonungslosen Film über eine Clique Drogenabhängiger im Edinburgh der frühen 1980er inszeniert hat - die Zeit, in der auch The Smiths auf ihre Weise auf die soziale Malaise jener Jahre in Schottland reagieren. Trainspotting ist energiegeladen, die Figuren sind lebensgierig. Doch sie wissen nicht, wohin mit ihrem Elan, ihren Plänen und mit ihrer Kraft, die sie regelmäßig wieder verlässt. Was fatale Folgen hat, der Drogenkonsum und die Verwahrlosung führen zu mehreren Todesfällen. Verlass ist auf keinen.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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