Sopranos, Downton Abbey, Bojack Horseman:Weihnachten in Serie

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Das Fest der Liebe ist überall - und auch am Bildschirm nur noch mit Mühe zu vermeiden. Aber warum auch? Die festlichen Episoden können eine Menge Nützliches über die besinnliche Zeit lehren.

Von SZ-Autoren

Nahezu unvermeidlich bricht die Weihnachtszeit alljährlich über alle Lebensbereiche herein. Kein Schaufenster mehr ohne Glitzer, kein Baum ohne Lichterkette, kein Büro ohne Lebkuchenteller, und: kaum eine Serie, in der nicht Schneeflocken über Helden und Handlung gestreut werden. Wer am Bildschirm ganz sicher keine Glöckchen klingeln hören will, muss schon auf Fantasygeschichten wie Game of Thrones oder Bollywoodstoffe ausweichen. Aber muss das wirklich sein? Wir legen die festlichen Serien-Episoden auch und gerade Weihnachtsmuffeln dringend ans Herz: Es lässt sich dort so einiges lernen über das Fest der Liebe, und wie man es möglichst unbeschadet übersteht, egal ob man Tony Soprano, Lady Mary, Kermit oder sonst jemand ist.

Lost

Die Weihnachtsfolge: An nichts denkt man weniger als ausgerechnet an Weihnachten, auf dieser verhexten Südsee-Insel, die für die Überlebenden eines Flugzeugabsturzes voller unerklärlicher Gefahren und abgründiger Rätsel ist. Aber ausgerechnet am Heiligabend telefoniert Desmond in Staffel vier zum ersten Mal nach drei Jahren mit seiner geliebten Penny. Sie steht vor dem geschmückten Baum. Und beide können nicht fassen, die Stimme des anderen zu hören. "Penny?" "Desmond?" So lauten die wichtigsten Fragen. Bescherung! Das Weihnachtsgefühl: Nehmen wir mal an, Sie muss beruflich in Karlsruhe bleiben. Und er kommt nicht aus Berlin weg, weil Tegel wegen Schneefalls gesperrt ist. Nehmen wir mal an, sie sitzt allein vor einem Baum, er in der Lufthansa-Lounge. Und beide wissen: Dass sie einander haben, reicht ihnen als Geschenk. Bei: Amazon Prime, iTunes.

Harald Hordych

Gilmore Girls

(Foto: Netfilx)

Die Weihnachtsfolge: Die Gilmore Girls, dieses quasselnde Mutter-Tochter-Duo, trennt nichts. In der Episode "Santa's Secret Stuff" in der siebten Staffel kehrt Tochter Lorelai (Alexis Bledel), genannt Rory, erst Tage nach Weihnachten aus London ins verschlafene US-Ostküstennest Stars Hollow zurück, wo Mutter Lorelai (Lauren Graham) das Fest bis dahin ignoriert hat. Denn gefeiert wird nur gemeinsam. Sogar den Schnee habe sie aufgehalten, sagt Lorelai und schnuppert entrüstet an Rorys Haar. Plätzchen?! Rory protestiert, gibt aber zu: Sie hat Plätzchen gegessen, ohne die Mutter. Der Verrat ist rasch vergessen, die beiden feiern Weihnachten bis ins Detail nach. Rorys Vater, ach ja, den gibt es auch, aber er ist beim Fest wie auch sonst eher Dekoration. Das Weihnachtsgefühl: US-Weihnachten in Hochpotenz, nur für Junkies. Bei: Netflix, Amazon, iTunes, Maxdome.

Anna Günther

Bojack Horseman

(Foto: Netflix)

Die Weihnachtsfolge: Die Serie Bojack Horseman ist eine schräge Cartoon-Comedy für Erwachsene. Held dieser Show ist das Pferd Bojack Horseman. In den Neunzigerjahren war es der Star einer erfolgreichen Familiensitcom, die als Parodie auf all die Heile-Welt-Sendungen von Bill Cosby bis Alle unter einem Dach angelegt ist. Heute aber ist Bojack ein schlecht gelaunter Alkoholiker, der morgens Wodka, abends Whiskey trinkt und mehr als seine Mitmenschen nur noch eines verachtet: Weihnachtsfolgen. Aus Sadomasochismus sieht er sich deshalb eine Folge lang alle Weihnachtsfolgen an, die er selbst gedreht hat, und lässt sich dabei langsam zulaufen. Das Weihnachtsgefühl: Der Zuschauer lernt, dass auch Trickfiguren die Feiertage mehr oder weniger erfolgreich so verbringen wie der größte Teil der weihnachtsfeiernden Menschheit: immer mindestens leicht angetrunken. Bei: Netflix.

David Steinitz

King of Queens

Die Weihnachtsfolge: Zugegeben, der Humor kommt manchmal etwas plump daher. Doch lustig ist Doug (Kevin James), mit Leidenschaft gemütlicher Paketbote und der King of Queens, wenn die Unterhaltungen mit seiner Frau Carrie (Leah Remini) laut und lautmalerisch werden. In Episode zwölf der zweiten Staffel überredet sie ihn, den Weihnachtsbonus in Aktien der dubiosen Plattform Shominy.com zu investieren (das Internet ist 1999 noch ein Rätsel). Das geht erst gut und dann schief, unterm Baum wird mit vollem Körpereinsatz gestritten. Das ist auch die Spezialität von Carries Vater Arthur (Jerry Stiller), dem heimlichen Serienhelden, der sich mit den Nachbarn um die pompösere Weihnachtsdekoration duelliert. Das Weihnachtsgefühl: Auch nach dem fiesesten Streit unterm Baum bleibt ein Gläschen Wodka. Bei: Amazon Prime.

Sebastian Fischer

Muppet Show

(Foto: Buena Vista)

Die Weihnachtsfolge: Muppets meet Charles Dickens. Ein Weihnachtsklassiker, wunderbar übertrieben inszeniert mit viel Plüsch, Fantasie, Gesang, Herzschmerz, Gruselfaktor und einem fusseligen Happy End. Ebenezer Scrooge, schön fies gespielt von Michael Caine, nimmt es mit der kitschigen Muppets-Weihnachtswelt und den drei Weihnachtsgeistern auf. Das emotionale Highlight bereiten die dauerverliebte Miss Piggy und Kermit, die in der Folge endlich (meint das Schwein) verheiratet sein dürfen. Ihr jüngster Spross, Tiny Tim alias Robin der Frosch (ganz der Vater) rührt Ebenezer Scrooge zu Tränen; dessen nahen Tod vor Augen, beschließt Scrooge, nach drei geistreichen Heimsuchungen, ein besserer Mensch zu werden. Das Weihnachtsgefühl: Wie schön, noch mal Kind zu sein, ein paar Tränen im Fell nicht ausgeschlossen. Bei: RTL 2 am zweiten Weihnachtsfeiertag um 13.20 Uhr.

Andreas Gericke

Modern Family

(Foto: Tönsmann)

Die Weihnachtsfolge: Die Familien Pritchett und Dunphy feiern jedes Jahr zusammen Weihnachten. Doch Mitte Dezember fällt ihnen auf, dass es in diesem Jahr aka Staffel drei nicht klappt - deswegen soll die Feier noch am gleichen Tag stattfinden. "Express Christmas" eben, wie die zehnte Folge auf Englisch heißt. Damit keine der heiß geliebten alljährlichen Traditionen dabei untergeht, schwärmen alle aus, um innerhalb weniger Stunden Geschenke, Baum und Braten zu besorgen. Natürlich haut nichts so hin wie geplant: Die Tanne gerät unter einen Laster, der Weihnachtsengel verliert seinen Kopf, und statt eines fetten Truthahns werden schließlich schmalbrüstige Hühnchen gebraten. Das Weihnachtsgefühl: Es lebe die Improvisation! Die Familienmitglieder geben sich große Mühe, damit alles so ist wie immer. Um am Ende festzustellen: Auf die gute Gesellschaft kommt es an. Bei: Netflix, Sky 1.

Julia Rothhaas

Sopranos

(Foto: Anthony Neste/Getty)

Die Weihnachtsfolge: Der Mafiaclan um Tony Soprano sucht einen neuen Weihnachtsmann für die alljährliche Bescherung. Der alte musste im Ozean versenkt werden, nachdem er seine Freunde ans FBI verraten hatte. Der Mord sitzt Tony noch in den Knochen, er wird von Panikattacken heimgesucht. Abgesehen davon nörgelt die Ehefrau, und Geschenke sind auch noch nicht gekauft. Das Weihnachtsgefühl: Die Stripperinnen im Stammlokal "Bada Bing" tanzen zu "Little Drummer Boy", aber das war es auch schon mit der heimeligen Stimmung. Es herrscht tiefe Depression. Wer dieses Jahr also keine Lust auf Feiern hat, schaue sich Episode zehn, Staffel drei an und lasse sich davon trösten: Die eigene Familie mag nerven und das Essen verbrennen, aber immerhin hat man nicht den Tod seines alten Freundes zu verantworten. Bei: Sky, Amazon Prime, iTunes, Maxdome.

Luise Checchin

Downton Abbey

(Foto: ITV)

Die Weihnachtsfolge: Im Advent 1919 ist die schöne Lady Mary noch mit dem verknöcherten Medienmogul Sir Richard verlobt. Dass es dabei nicht bleiben darf, ist allen klar. Spätestens als er ein Herrenhaus in Downtons Nachbarschaft erwirbt und dort gekaufte (!) Kunst aufhängen will. Mary rümpft die Nase. "In meinen Kreisen erbt man Kunstwerke." Zum Glück schaltet sich ihr Vater, der gütige Earl of Grantham, ein, und siehe: Am Weihnachtsabend, als die Dienerschaft um den Riesenbaum tanzt, ist die falsche Verlobung gelöst und die richtige, nämlich die mit Marys (weit entferntem) Cousin Matthew findet draußen im sanften Schneegestöber vor der Abbey statt. Das Weihnachtsgefühl: Am Heiligen Abend wird alles gut. Zumindest, wenn der knuffige Earl of Grantham der eigene Vater ist. Bei: Amazon Prime, iTunes.

Kathleen Hildebrand

Prince of Bel Air

(Foto: mauritius images)

Die Weihnachtsfolge: Will (Will Smith) lebt seit einigen Monaten bei seinem Onkel Philip (James Avery), und er unternimmt alles, um die spießige Idylle in dessen Villa aufzulockern. Seit er da ist, ist alles quietschiger und schriller. Als Will den Weihnachtsschmuck abholen soll und entdeckt, dass dieser ein avantgardistischer Kunstquatsch ist ("arrogante, kleine Akzente von Blassgrün", schwärmt der Verkäufer), tauscht er diesen ein gegen eine Ansammlung an leuchtendem Kitsch, die ein ganzes Kaufhaus füllen könnte. Die geblendete Nachbarschaft tobt. Erst Ronald Reagan (John Roarke) kann die Gemüter beruhigen, davor hat sich Will jedoch bereits mit dem Boxweltmeister Evander Holyfield (Evander Holyfield) angelegt. Das Weihnachtsgefühl: "We shouldn't be fighting. It's so barbaric." (Schlussworte von Evander Holyfield.) Bei: Netflix, Amazon Prime, Maxdome.

Benedikt Warmbrunn

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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