Serie:Opa erklärt den Krieg

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Vertrag ist Vertrag: Helmut Kraft (Jochen Busse) denkt nicht ans Ausziehen. (Foto: RTL)

Dieser Mitbewohner ist so liebenswürdig verachtenswert, wie es nur Jochen Busse spielen kann. Er gibt das Ekel in der RTL-Sitcom "Nicht tot zu kriegen".

Von Benedikt Frank

Gewinnaussichten können blenden. Betrüger nutzen diesen psychischen Kurzschluss aus, aber auch ein legaler Lottogewinn ist verlockender als die Statistik, die zeigt, wie schlecht die Chancen stehen. Das Fernsehen beutet ganz ähnlich die Hoffnung seiner Probanden auf Ruhm, Geld oder Liebe in Casting-, Game- und Kuppelshows aus. Nicht zuletzt RTL weiß also, wie solche Versprechungen funktionieren, die zu gut sind, um wahr zu sein. Ausnahmsweise nutzen die Kölner diese einschlägige Erfahrung nicht für ihre nächste Show, sondern als Ausgangssituation der Sitcom Nicht tot zu kriegen, die der Sender wirklich so schreibt und in der Jochen Busse einen unausstehlichen Hausherren spielt.

Die Friseurin Dagmar und ihr Mann Oliver, der als Masseur arbeitet, könnten sich die Villa, die sie besichtigen, niemals leisten, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, aber natürlich tut es das hier nicht. "Wie soll ein alter Mann wie ich mit vier jungen Leuten fertigwerden?", fragt der Verkäufer Helmut Kraft scheinheilig: "Sehe ich so gerissen aus?" Ja, Jochen Busse sieht so gerissen aus. Dennoch kauft das Paar schließlich die Immobilie, nicht aber ohne vorher noch Dagmars Schwester Nina und deren finnischen Freund Rasmus als Miteigentümer ebenfalls ins Unglück zu stürzen. Der Haken fällt - wie sollte es anders sein - erst nach der Unterschrift auf: Laut Vertrag müssen die Käufer nun dem alten Kraft dienen, ihm alle Wünsche erfüllen, sonst darf der sie vor die Tür setzen und ihr Geld behalten. Damit diese Prämisse nicht sofort wegen juristischen Unsinns in sich zusammenfällt, findet sich kein Anwalt, der es wagt, sich mit Kraft anzulegen.

Absurderweise lautet der Werbeslogan von RTL ausgerechnet "Willkommen zuhause", obwohl sich alle Zuschauer glücklich schätzen dürfen, weder im Dschungelcamp zu wohnen noch unter den Problemen der Protagonisten aus Nicht tot zu kriegen zu leiden. Kürzlich machte der Sender mit Versuchen auf sich aufmerksam, alte Gameshows wie Ruck Zuck und Familienduell wiederzubeleben, die mittlerweile nach enttäuschenden Quoten schon wieder größtenteils aus dem Hauptprogramm verschwunden sind. Als eine Art Wiederbelebung will der Sender auch die neue Sitcom verkaufen und spricht von "jahrelanger Fernsehabstinenz" Busses, die nun gebrochen sei. Gemeint ist, dass Jochen Busse nach der Comedyserie Das Amt (1997 bis 2003) und der von ihm moderierten Panel-show 7 Tage, 7 Köpfe (1996 bis 2005) nicht mehr das Gesicht von RTL-Produktionen war. Im Fernsehen trat er seitdem nur noch sporadisch auf, stand in den letzten Jahren vor allem mit Kabarettprogrammen auf deutschen Bühnen. Mit der Rolle in Nicht tot zu kriegen knüpft der 76-Jährige nun wieder an seine Figur des selbstverliebten Ekels Hagen Krause aus Das Amt an, nur ist Helmut Kraft neben einem steifen Egomanen auch noch sehr, sehr reich.

Jochen Busse ist in seiner Rolle so liebenswürdig verachtenswert wie immer, sodass es gar nicht unbedingt nötig wäre, seine Auftritte mit Unheil ankündigender Musik zu untermalen. Caroline Maria Frier, Tristan Seith, Amelie Plaas-Link und Mathias Harrebye Brandt wirken noch nicht wie Gegner, die ihm etwas anhaben könnten. Nach Magda macht das schon und Triple Ex überzeugt auch diese neue RTL-Sitcom zunächst nicht. In den beiden ersten je 20-minütigen Folgen, die der Presse vorab gezeigt wurden, ist der zu erwartende Schlagabtausch zwischen den neuen Hausbesitzern und Helmut Kraft noch allenfalls in einem vorsichtigen Abtasten zu erahnen.

Nicht tot zu kriegen , RTL, acht Folgen, ab Donnerstag, 21.15 Uhr.

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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