Serie:Möblierter Himmel

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Am Boden: Neuzugang Eleanor (Kristen Bell) gibt ihr Bestes, um Michael (Ted Danson) bei einer gefährlichen Mission zu unterstützen – offenbar mit bescheidenem Erfolg. (Foto: Justin Lubin/Universal Television)

Eine Frau kämpft nach dem Tod um den richtigen Platz im Jenseits: Die Sitcom "The Good Place" verhandelt das Karma-Prinzip schrill und digital.

Von Veronika Wulf

Was passiert nach dem Tod? Kommt da noch was? Himmel und Hölle vielleicht? Die wohl buntesten Bilder über das Jenseits hatte der Film Hinter dem Horizont 1998 gezeichnet, in dem Robin Williams durch ein Universum der Farben und Pinselstriche reist, um seine Film-Liebe aus der Hölle zu befreien. Eine Welt wie ein grenzenloses impressionistisches Gemälde. Das Jenseits, in dem Eleanor in der US-amerikanischen Sitcom The Good Place landet, zeigt sich zunächst deutlich weniger fantasievoll. Es ist zwar, wie der Name der Serie schon sagt, so etwas wie der Himmel, sieht aber in der ersten Szene aus wie ein mager möbliertes Wartezimmer: brauner Teppichboden, beiges Sofa, Zimmerbrunnen.

Eleanor (Kristen Bell) ist tot. Sie starb, wie sie gleich zu Beginn von einem Weißhaarigen erfährt, weil sie von einem mobilen Plakatwagen überfahren wurde, der Werbung machte für eine Erektionsstörungspille namens Wünschelrute. Der Weißhaarige (Ted Danson) ist übrigens nicht Gott, sondern nur der "Architekt" des Viertels, das Eleanor nun bezieht: eine pastellfarbene Welt, in der nur die besten Menschen nach dem Tod landen. Überall stehen Schlösser und Frozen-Yoghurt-Shops, Schimpfwörter lassen sich nicht aussprechen, nach dem Saufen hat man keinen Kater und irgendwie sehen alle Bewohner deutlich jünger (und schöner) aus, als man sich den Durchschnittstoten vorstellt. Aber sie sind ja auch nicht durchschnittlich: Sie haben ihr ganzes Leben für Frauen-, Schwulen- oder Kinderrechte gekämpft, Leben gerettet und so weiter.

Ihre guten Taten können sich die Bewohner auf einem Riesenbildschirm, der sich von allein in die Luft beamt, noch einmal anschauen. Spätestens als da Teddybären an ukrainische Kinder verteilt werden, merkt Eleanor: Das muss eine Verwechslung sein. In ihrem lebendigen Leben war sie keineswegs die Menschenrechtsanwältin, für die man sie hier hält. Sondern, wie man in Rückblenden erfährt, eine ziemlich asoziale Egoistin, die ihre Freunde ausnutzt und die Umwelt verschmutzt. Als unperfekte Anti-Heldin mag sie trotzdem die bessere Identifikationsfigur für die meisten Zuschauer sein als die Streber-Gutmenschen um sie herum. Um ihren Platz im Paradies zu behalten, will Eleanor zu einem guten Menschen werden. Sie versucht, ihren "Seelenverwandten", einen Professor für Ethik und Moralphilosophie (William Jackson Harper), davon zu überzeugen, ihr dabei zu helfen.

Das klingt alles ein bisschen flach - ist es auch, einerseits. Vor allem durch das affektierte Sprüche-Geplauder der Figuren, das in amerikanischen Sitcoms leider so oft vorkommt. Und Kristen Bell, die man aus Gossip Girl und Veronica Mars kennt, zieht etwas zu übertrieben die Augenbrauen hoch oder malt affige Gänsefüßchen in die Luft.

Der Vorhof zur Hölle wird mit Musik des Teenie-Popidols Ariana Grande beschallt

Andererseits wird die NBC-Serie, die an diesem Donnerstag auf Sixx startet und seit einiger Zeit bei Maxdome abrufbar ist, nicht ganz umsonst von der US-amerikanischen und britischen Presse gelobt. Immer wieder sind feine Witze eingestreut, wie die Liste mit guten und schlechten Taten, die nur kurz über den gebeamten Bildschirm saust. Auf der guten Seite etwa: Rette ein Kind vor dem Ertrinken, denk an den Geburtstag deiner Schwester, umarme einen traurigen Freund, beende die Sklaverei. Auf der schlechten Seite: Vergifte einen Fluss, benutze Facebook als Verb, sage einer Frau, sie solle "lächeln", ruiniere eine Oper durch Herumpöbeln. Auch der schon nicht mehr dezente Seitenhieb auf das Teenie-Popidol Ariana Grande, deren Musik durch die Paradieswelt schallt, als die vom Bösen heimgesucht wird, schien den Machern sichtlich Spaß zu machen. So stellen sie sich also den Vorhof zur Hölle vor.

Trotz aller Überzeichnungen verstecken sich philosophische Fragen in Handlung und Dialogen, etwa ob eine gute Tat noch eine gute Tat ist, wenn sie aus Eigennutz getan wird. Das Karma-Prinzip in schrill und digital sozusagen. Trotz des hohen Erzähltempos spart sich die Serie in der Pilotfolge noch einiges auf. Zum Beispiel eine überraschende Wendung in der letzten Folge dieser ersten Staffel.

The Good Place , Sixx, 22.15 Uhr.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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