Schweizer des Jahres:"Ich bin ein guter Mensch"

Die "Weltwoche" ehrt Sepp Blatter. Der suspendierte Fifa-Boss hat in der Heimat noch Fans.

Von Charlotte Theile

Die in Zürich erscheinende Weltwoche liebt es, zu provozieren. Wenn sich alle einig sind, vertritt das Blatt die Gegenposition, schon aus Prinzip. Sepp Blatter, 79, für die meisten ein Sinnbild für Korruption, versickernde Gelder und Nähe zu Diktatoren, wurde von Verleger Roger Köppel auf der Titelseite zum "Schweizer des Jahres" gekürt. Es ist Dezember, vorletzte Ausgabe, das passt. Blatter passt es vermutlich auch: "Eigentlich müsste man mir ein Diplom überreichen für das, was ich hier erreicht habe", verkündet der suspendierte Präsident des Fußballverbands Fifa darin.

In einem langen Interview bekommt Blatter, der, da darf man Köppel glauben, "ein schreckliches Jahr hinter sich" hat, Gelegenheit, seine Sicht der Dinge auszubreiten. "Was ist Ihre entscheidende Leistung?", fragt ihn Köppel, auch die Frage nach der "besten Eigenschaft" Blatters wird endlich beantwortet ("Ich bin ein guter Mensch. Ich bin ehrlich und respektvoll"). Chefredakteur Köppel, seit Oktober Abgeordneter der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei, nimmt während des Interviews auch Ratschläge entgegen ("Sie sind ja jetzt im Nationalrat").

Seit Monaten schreibt Köppel, Blatter sei ein echter Schweizer, neutral, weder europa- noch amerikahörig. Es gibt nur eine Sache, die Köppel Blatter vorwirft: Er sei in seiner Rücktrittsrede "zu defensiv" gewesen, das habe den Kritikern Aufwind gegeben. Am Donnerstag wurde Köppels Zuneigung noch von Russlands Präsident Wladimir Putin übertroffen: Wenn es nach ihm ginge, sollte Blatter den Friedensnobelpreis erhalten.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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