Radio:Insekt im Ohr

Das Hörspiel "Metamorphosen" erzählt die Lebensgeschichte der Forscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian, der Tochter des berühmten Verlegers. Den Dschungel, in dem sie arbeitete, kann man in der Produktion von Kai Grehn richtig hören.

Von Stefan Fischer

Maria Sibylla Merian ist am Ende - der Welt und ihrer Kräfte. Sie leidet an einer Tropenkrankheit, liegt im Fieber in einem Holzhaus in der Hauptstadt von Surinam. Doch die Tochter des Verlegers Matthäus Merian wird nach Europa zurückkehren und noch viele Jahre leben, bis in den Januar 1717 hinein. Beigesetzt wird sie, die aus einem vermögenden Haus kommt, aber in einem Armengrab. Das war der Preis, den sie für ihr Leben hat bezahlen müssen.

300 Jahre liegt der Tod der Forscherin und Künstlerin nun zurück. Ihre Geschichte erzählt der Autor Patrick Findeis als Hörspiel, als Fiktion also. Mit einer unzuverlässigen Erzählerin obendrein: Merian ist nicht Herrin ihrer Sinne in jenen fiebrigen Tagen des Jahres 1701. Um ihr Lager schwirren Insekten, die Schwüle der Regenzeit wird hörbar in dieser Produktion. Regisseur Kai Grehn zieht die Ohren der Hörer hinein in diesen Dschungel, zum Gewusel des Getiers, das den Sound liefert für diese Geschichte. Sie beginnt klassisch, mit Ehe und Mutterschaft. Doch Merian bricht aus, verlässt ihren Mann, tritt einer Sekte bei, emanzipiert sich auch davon, behauptet sich als Geschiedene in der Gesellschaft - und reist schließlich gegen Widerstände nach Surinam, wo das insektenkundliche Werk Metamorphosis insectorum Surinamensium entsteht, das sie bekannt machte in Wissenschaft und Kunst. Eine spannende Geschichte, clever erzählt von Anne Ratte-Polle, Lilith Stangenberg und Virginia Mukwesha.

Metamorphosen , SWR 2, Sonntag, 18.20 Uhr.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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