Radio:Gewaltig

Ein Hörspiel erzählt von gesellschaftlichen Verschiebungen in Europa.

Von Stefan Fischer

Mit massiver Waffengewalt haben die Deutschen zuletzt vor hundert Jahren revoltiert - am Ende des Ersten Weltkriegs. Vieles ist in Gang gesetzt worden damals, und eine Art Normalzustand ist frühestens Ende 1949 erreicht worden, mit der Gründung von BRD und DDR. Was alles noch folgen würde, konnte Ernst Toller also gar nicht absehen, als er 1919 sein Stück Masse - Mensch geschrieben hat. Aber einige zentrale Fragen haben sich einem klugen Beobachter wie ihm längst aufgedrängt.

Es sind Fragen, die Christoph Kalkowski in seiner Hörspiel-Inszenierung von Masse - Mensch für den NDR vor den gegenwärtigen politischen wie gesellschaftlichen Verschiebungen in Europa neu stellt und durchspielt. Die Situationen damals und heute sind kaum vergleichbar, um ein solches Aufwägen geht es in der Radiofassung auch nicht. Toller stellt die Rechte des Einzelnen dem Willen der Mehrheit gegenüber. Diskutiert über die Rechtmäßigkeit von Gewaltanwendung und inwiefern ein Zweck die Mittel legitimieren kann. Und zwar unabhängig von der jeweiligen politischen oder sozialen Haltung. Man muss in diesem Kontext nicht bis zum Äußersten denken. Die Frage, welches Handeln zur Durchsetzung politischer Ziele tolerierbar ist, stellt sich nicht erst dann, wenn es tatsächlich um Leben und Tod Einzelner oder sogar ganzer Gruppen geht.

Masse - Mensch , NDR Kultur, Mittwoch, 20 Uhr.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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