Radio:Erpressbar von Konzernen

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Ein Hörspiel erzählt vom Ende der 2020er, wenn der Rest der Europäischen Union schwer in der Krise steckt - und die Ohnmächtigen aufbegehren.

Von Stefan Fischer

Macht korrumpiert. Vor allem, wenn es ungemütlich wird. Wenn der Machterhalt nicht nur Privilegien sichert, sondern die Existenz. Immer dann also, wenn die Mächtigen sich selbst am nächsten sind. Aber sind sie das nicht immer?

Mag sein, aber in zehn Jahren wird es besonders arg werden. Der Brexit und die politischen Verwerfungen in Europa heutzutage - nur ein Vorspiel. Ende der 2020er: Griechenland draußen aus der EU, Italien auch. Die verbleibende Nord-EU in einer schweren Krise, ökonomisch, politisch, moralisch. Erpressbar von Konzernen.

In dieser Situation, die Andres Veiel in seinem Hörspiel Let Them Eat Money - Welche Zukunft? entwirft, reicht es dem großen Rest der Ohnmächtigen. Sie entführen die Mächtigen, stellen sie vor Tribunale. Konfrontieren sie mit den Entscheidungen, die sie getroffen haben oder, häufiger, nicht getroffen haben, stets zum Schaden der Allgemeinheit.

Das ist kein wütender Mob, den Veiel da loslässt, sondern eine stringent argumentierende, besonnen vorgehende Sammelbewegung, die vernünftige Forderungen stellt. Zugleich, und das ist der Trick an dem Stück, klingen ihre Ansinnen maximal unrealistisch. Aber müssen nicht radikale Veränderungen her, muss nicht ganz neu über Besitz und Teilhabe diskutiert werden, damit das Modell Europa eine Zukunft hat? Dafür plädiert Veiel, der in seinen Fiktionen stets die Wirklichkeit gründlich auslotet. Er macht sich und uns allerdings keine großen Hoffnungen. In der Protestbewegung gibt es bald auch Hierarchien, gibt es Anführer mit einer eigenen Agenda. Versucht jeder, die eigene Haut zu retten, egal, was es die anderen kostet.

Let Them Eat Money - Welche Zukunft? , Kulturradio RBB, 22.04 Uhr. DLF Kultur, 31. März, 18.30 Uhr.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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