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Was haben das Medikament Contergan, der Geiger Paganini und der sowjetische Geheimdienst miteinander zu tun? In Frank Witzels absurdem Hörspiel hat ein Mann, der sich für ein Universalgenie hält, für jedes Problem eine Lösung.

Von Stefan Fischer

Dieser Mann, der keinen Namen trägt und auch sonst nicht fassbar wird, ist ein Universalgenie. So jedenfalls sieht er das. Mit betörender Selbstgewissheit doziert er über eine Reihe von Dingen, die er als selbstverständliche Gewissheiten ansieht. Tatsächlich jedoch ist das, was er erzählt, vollkommen irre. So konstruiert er einen Zusammenhang zwischen den Schädigungen durch das Medikament Contergan, die Weitsicht des Geigers Paganini und dem sowjetischen Geheimdienst.

Dieser Mann ist eine großartige Ausgeburt des Schriftstellers Frank Witzel, die sehr plastisch wird durch die trockene, ernsthafte Art, wie Peter Schröder sie in dem Hörspiel Entwicklung einer Theorie ausgestaltet. Es ist ein kurioser Monolog, hanebüchen von den ersten Sätzen an. Doch Schröder spielt diesen Typen als denkbar spröden und doch nie langweilenden Autodidakten, der trotz seiner Verschrobenheit zum Menschenfänger wird.

Das Stück entwickelt eine stille Komik, indem es die vielen medizinischen, musikalischen und sexuellen Absurditäten in vermeintlich logische Zusammenhänge stellt und pragmatische Lösungen für beinahe jedes Problem anbietet. Entwicklung einer Theorie ist eine sehr subtile, clevere Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien und Fake News - und der Frage, ob sich heute überhaupt noch taugliche Denkmodelle entwerfen lassen.

Entwicklung einer Theorie , HR 2, Samstag, 23 Uhr.

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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