Prüderie:Nichts zu sehen

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Museen protestieren gegen Facebooks Nackt-Zensur: Ein unterhaltsames Video aus dem Antwerpener Rubenshaus zeigt sogar eine Patrouille, die Besucher vor Gemälden beschützen will.

Von Laura Hertreiter

Die Venus von Willendorf, die steinerne Skulptur einer recht kugeligen Nackten, gilt als bekannteste prähistorische Darstellung einer Frau. Sie wurde 1908 bei Ausgrabungen in Österreich entdeckt - und um ihre Bekanntheit weiter zu mehren, postete eine Italienerin knapp 110 Jahre später ein Foto davon auf Facebook. Vergeblich. Denn in dem Netzwerk herrscht ein recht rigides Regiment gegen die Nacktheit, egal ob echte, gemalte oder in Stein gemeißelte. Die Zensurwelle schwemmt alles aus den Timelines, was die Algorithmen als anrüchig empfinden, und immer wieder ist das auch Kunst. Edvard Eriksens Kopenhagener Meerjungfrau wurde gelöscht, die Kasseler Herkules-Statue ebenso, weshalb man ihr für Social-Media-Auftritte eine baywatchrote Badehose herbeiretuschiert hat. Facebook selbst beteuert seit Jahren, Kunst werde nicht absichtlich zensiert, es handle sich um Fehler. Die werden aber bislang nicht seltener. Es war also abzusehen, dass auch Peter Paul Rubens nicht zum Influencer taugt.

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(Foto: youtube.com)

"Wir müssen Sie von den Nacktbildern wegbringen."

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Museen in Flandern kommentieren das regide Regiment gegen Nacktheit auf Facebook, das auch vor Bildern von Peter Paul Rubens nicht Halt macht, mit einem Video.

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Es zeigt uniformierte Polizisten im Antwerpener Rubenshaus.

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Wann immer der Blick eines Besuchers auf eine Brust zu fallen droht, schieben sie ihn weiter.

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"Wir müssen Sie vor Nacktheit beschützen, auch wenn es Kunst ist."

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"Dazu gehören Gemälde von einzelnen Körperteilen wie Bauch, Hintern oder Dekolleté!"

Der zählt auch und vor allem wegen seiner leuchtend-opulenten Akte zu den berühmtesten Barockmalern, und als die Museen seiner Herkunftsregion Flandern die Ausstellungen seines Werks aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeitgemäß mit Facebook-Posts bewerben wollten, scheiterten auch sie an der Bekleidungspolitik.

Wie der Guardian berichtet, formulierten die betroffenen Museen ihren Protest zunächst traditionell in einem Brief an Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Die Tourismusbehörde kritisiert darin stellvertretend, dass das Netzwerk die von Rubens gemalten Brüste, Hintern und Putten als unanständig erachte, und man Rubens so nicht als Werbeträger der Region einsetzen könne. Zweitens haben die Museen ein sehr unterhaltsames Video auf Youtube veröffentlicht (siehe Bilder).

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Es zeigt uniformierte Polizisten bei der Patrouille im Antwerpener Rubenshaus, wo Werke des Malers ausgestellt sind. Wann immer der Blick eines Besuchers auf eine Brust zu fallen droht, schieben sie ihn weiter, Menschen mit einem Konto in einem sozialen Netzwerk rufen sie auf, sich lieber Bilder von Landschaften und angezogenen Menschen anzusehen. "Wir müssen Sie vor Nacktheit beschützen, auch wenn es Kunst ist. Dazu gehören Gemälde von einzelnen Körperteilen wie Bauch, Hintern oder Dekolleté", rufen die Nacktpolizisten. Bei den Museumsbesuchern schnellen manchmal die Mundwinkel nach oben, manchmal die Augenbrauen. Und eine ältere Museumsbesucherin lupft ihr Shirt, als die Wächter sie weiterschieben, ein kleiner Protest im Protest.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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