Öffentlich-rechtliche Sender:Die Reserven sind aufgebraucht

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Gerade sank der Rundfunkbeitrag, jetzt legt die ARD Wünsche vor, die ihn erhöhen könnten.

interview Von Claudia Tieschky

Herr Marmor, die ARD möchte von 2017 an 2,2 Prozent mehr Geld pro Jahr. Wie es der Teufel will, ist das fast genau die Summe, die aktuellen Schätzungen zufolge durch den neuen Beitrag an Mehrerträgen hereinkommt. Das erwartete Plus von 1,59 Milliarden Euro für ARD, ZDF und Deutschlandradio sammelt sich derzeit auf einem Sperrkonto. Es macht den Eindruck, die Öffentlich-Rechtlichen nehmen halt, was sie kriegen können.

Den Eindruck teile ich nicht. Dies ist eine angemessene Anmeldung, nachdem wir in den Jahren zuvor unterhalb der Inflationsrate angemeldet hatten und seit Jahren mit Nullrunden leben. Wir wissen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Aber in Deutschland steigen glücklicherweise Löhne und Gehälter, so auch bei uns. Diese Steigerung müssen auch wir irgendwann ausgleichen.

Was die ARD jetzt will, übersteigt die genannte Summe auf dem Sperrkonto um 99 Millionen pro Jahr - eine Zahl wie vom Sonderangebot. . .

Das ist aber wirklich Zufall.

Jedenfalls ist es möglich, dass der Beitrag 2017 steigen muss. Davor schrecken Sie nicht zurück, obwohl gerade erst mit viel politischem Getöse gesenkt wurde?

Die KEF wird sehr genau prüfen, sie hat nie Finanzwünsche unverändert durchgewunken, also würde ich nicht spekulieren, wie die Sache ausgeht.

Letztlich fließt dann doch das viele Geld, das der neue Beitrag mehr bringt, 1,59 Milliarden Euro, vollständig in die Anstalten.

Entschuldigung, das ist der Zweck des Rundfunkbeitrags.

Der seit der Umstellung 2013 viel mehr bringt als vorher. Warum dann erst das Gerede von Sperrkonten und davon, dass die Anstalten das Geld nicht nutzen dürfen?

Das ist kein Gerede, das trifft uns sogar richtig hart. Wir dürfen nach den strikten Vorgaben der KEF von dem Geld bis Ende 2016 nichts ausgeben. Die entsprechenden Sparmaßnahmen können Sie in allen ARD-Anstalten besichtigen. Das Geld liegt tatsächlich auf Sperrkonten, die KEF muss zustimmen, wenn wir es verwenden. Das ist keine Selbstbedienung.

2014 haben die Öffentlich-Rechtlichen 8,4 Milliarden Euro eingenommen. Wie erklären Sie den Leuten, dass diese enorme Summe nicht reicht, um ein gutes Angebot zu machen?

Wir haben ein gutes öffentlich-rechtliches Angebot. Die 8,4 Milliarden sind eine untypisch hohe Momentaufnahme, da wirken Nachholeffekte aus der Beitragsumstellung mit - und außerdem war das vor der Beitragssenkung auf 17,50 Euro. Die 8,4 Milliarden standen uns ja auch wegen der Sperrkonten nicht komplett zur Verfügung. Aber Sie kommen natürlich immer, wenn Sie unser föderales Angebot als Ganzes sehen, auf hohe Summen. Im Alltag wird um jede Tausend Euro gerungen. Alle ARD-Anstalten mussten kürzen, von vielen Sendungen gibt es weniger Folgen, wir bringen mehr Wiederholungen. Das finden wir nicht freundlich gegenüber unserem Publikum.

Die ARD will bis 2020 auch 400 Stellen abbauen, trotzdem hat sie beim Personal Steigerungsraten wie im öffentlichen Dienst beantragt. Wo ist die Einsparung durch die 400 Stellen geblieben?

Sie müssen die Gesamtsituation sehen. Wir müssen auch Betriebsrenten zahlen, und die Zahl der Rentner steigt. Irgendwann wird sich der Personalabbau auch hier auswirken, aber das wird - unter anderem wegen der gestiegenen Lebenserwartung - noch dauern. Da müssen wir jetzt durch.

Den höchsten Steigerungswunsch hat die ARD beim Programm, wo viel gespart wurde. Wie stellen Sie sicher, dass das Geld tatsächlich für mehr Drehtage und bessere Budgets für Filmproduktionen ausgegeben wird und nicht doch wieder in Stargagen für Moderatoren fließt?

Es wurde an vielen Stellen im Programm gespart, nicht nur bei Filmbudgets. Sparen ist ein flächendeckender Prozess, der trifft auch freie Mitarbeiter. Natürlich wird wieder mehr Geld ins Programm fließen müssen, das ist unsere Existenzgrundlage.

Aber nochmal: Wie stellen Sie sicher, dass mit dem Geld nicht wieder nur Stargehälter und Sportbudgets erhöht werden?

Aus Fehlern, die wir bei Moderatorengehältern gemacht haben, lernen wir. Beim Sport muss man aber sagen: Bestimmte Rechte hätten wir gerne weiterhin, dazu bekenne ich mich. An Sublizenzen für Olympia haben wir durchaus Interesse. Wie das aussehen könnte, ist offen, vom neuen Rechteinhaber Discovery gibt es noch keine Angebote oder Gespräche. Und wir können nicht jeden Preis zahlen, das ist klar. Aber stellen Sie sich mal vor, die Olympischen Spiele kämen wirklich nach Hamburg, und der öffentlich-rechtliche Rundfunk stünde vor der Tür. Das fände ich im Interesse unserer Zuschauer keine sehr wünschenswerte Vorstellung.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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