Neues Magazin:Im Ganzen

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Das Heft "taz.Futurzwei", das viermal im Jahr erscheint, betrachtet politische Fragen in einem größeren Kontext, statt schnelle Lösungen zu heucheln.

Von Bernd Graff

Das Futur II ist eine grammatikalische Kategorie, deren Verwendung eine gewisse logische Herausforderung darstellt. Futur II meint eine Vergangenheit in der Zukunft. Am besten merkt man es sich so: Futur II ist das kleine Geschwister des Plusquamperfekts. Während dieses wirklich tief in die Vergangenheit reicht, kokettiert jenes damit, schon Vergangenheit zu sein, obwohl noch gar nichts passiert ist.

Bei Erscheinen dieses Artikels wird ein Magazin erschienen sein (Futur II, Ha!), das den Titel taz.Futurzwei - Magazin für Zukunft und Politik trägt. Ein Magazin, für das sich der stark ökozentrierte Vorläufer zeozwei der taz und die Stiftung "Futurzwei" des Soziologen Harald Welzer zusammengetan haben.

Das Auftaktheft mit dem Titel "Alles könnte anders sein" will nun eine "neue Politisierung der Gesellschaft", die "noch ohne feste Form und Richtung" erscheint, mit "neuem politischen Journalismus" (Zitate aus dem Editorial) ebenso beschreiben wie begleiten. So artikuliert sich eine zeitgemäß verunsichertere, aber unumwunden ganzheitlich denkende politische Haltung. Ökologie etwa will man nicht isoliert, sondern im Kontext von Flüchtlingspolitik und Gerechtigkeitsfragen betrachten. Welzer denkt also in einem klugen Essay Flüchtlinge, Globalisierung und Gerechtigkeit wieder zusammen. Joschka Fischer räsoniert in einem Interview gewissermaßen als Weltinnenminister globalpolitische Fragen. Es fällt der Satz: "Ich wollte, der Pazifismus hätte recht. Aber die Erfahrung hat mich eines Besseren belehrt." Gero von Randow betreibt eine Anatomie der Revolution und konstatiert, dass darin die Angst die Seiten wechsele. Der Direktor der "Revolutionsagentur Canvas", Srdja Popovic, gibt Handreichungen für Massenbewegungen. Dazu Fotos von Regina Schmeken. Ein anspruchsvolles Heft, das klare Kante zeigt, keine schnellen Lösungen heuchelt. Auf dem Titel explodiert symbolisch das Haus der Gewissheiten, in dem man es sich gemütlich gemacht hatte. Es wird sich wohl als Irrtum herausgestellt haben. Futur II.

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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