Neue Serie:Was du nicht siehst

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Spürnase: Strafverteidigerin Romy Heiland (Lisa Martinek, r., mit Anna Fischer und Rüdiger Kuhlbrodt). (Foto: Gordon Muehle/ARD)

In "Die Heiland: Wir sind Anwalt" mit Lisa Martinek wird Strafverteidigerin Romy Heiland ständig unterschätzt, weil sie blind ist.

Von Anna Steinbauer

Romy Heiland ist eine Mischung aus Sissi und Jesus. Nicht nur ihr Name verspricht Sanftmut und Hilfsbereitschaft. Auch beruflich hat sie sich ganz der Gerechtigkeit und dem Dienst an der Allgemeinheit verschrieben: Heiland (Lisa Martinek) ist Anwältin. Im Umgang mit ihren Klienten stets freundlich, aber bestimmt. Kein Zittern in der Stimme ihres Gegenübers entgeht ihr. Sie hört, wenn jemand lügt. Romy Heiland ist blind. Gerade hat sie sich mit ihrer eigenen Kanzlei selbständig gemacht. Nicht selten profitiert die Protagonistin der neuen ARD-Anwaltsserie Die Heiland: Wir sind Anwalt davon, dass Gegner und Klienten sie unterschätzen.

Tatsächlich wirft der etwas aufgepfropft wirkende Inklusionsgedanke der Serie einige interessante Aspekte auf: Wie stark wird man als Sehender von einem äußeren Erscheinungsbild beeinflusst? Urteilt ein Blinder anders über denselben Sachverhalt, und was zählt vor Gericht? In ihrem ersten Fall soll Heiland ihren ehemaligen Professor verteidigen, dem vorgeworfen wird, eine Studentin vergewaltigt zu haben. Tränenüberströmt erzählt das zarte blonde Wesen im Gerichtssaal seine Version des vermeintlichen Übergriffs. Doch zieht nicht der rührselige optische Eindruck Zuschauer und Richterin bereits auf die Seite der jungen Frau? Die blinde Strafverteidigerin lässt sich davon nicht beeindrucken, für sie zählen nur Motive, Fakten und Ungereimtheiten. Um diesen auf die Spur zu kommen, braucht sie aber Hilfe. Die Augen ersetzt ihr ihre neue Assistentin Ada Holländer (Anna Fischer). Und die ist der beste Grund, die Serie zu schauen.

Ada ist vorlaut, hat mit "Jurakunde" nichts am Hut und das Herz am richtigen Fleck. Schon an ihrem ersten Arbeitstag kommt sie zu spät, dabei ist der Job doch ihre letzte Chance auf ein geordnetes Leben. Die Schauspielerin und Sängerin, bekannt aus den Ulla-Hahn-Romanverfilmungen Aufbruch und Teufelsbraten, verkörpert das genaue Gegenstück zu der disziplinierten Anwältin. Ada hilft ihr bei den täglichen Stolperfallen: Sie sagt ihr, wenn ihre Bluse falsch geknöpft oder ihr Make-up verschmiert ist. Sie liest der Blinden die Akten vor und begleitet sie zu den Prozessen. Anfangs klappt das noch nicht reibungslos, erst nach und nach werden die beiden zu einem eingeschworenen Team.

Pamela Pabst, Deutschlands erste blinde Strafverteidigerin, dient als Vorlage für die Serie von Jana Burbach ( Bad Banks) und Nikolaus Schulz-Dornburg ( Just Push Abuba). Die Fälle, denen Heiland und ihre Assistentin nachgehen, sind jedoch fiktiv. Meist muten diese recht schemenhaft an, die Beweisführung arg an den Haaren herbeigezogen, und die Anwältin agiert eher als Hobbykriminologin denn als Rechtsbeistand. Ganz nebenbei zeigt die Serie Werkzeuge, die der Blinden das Leben erleichtern: ein Farbdetektor, der weiße von schwarzen Blusen unterscheiden kann, der Penfriend, mit dessen Hilfe die Akten sortiert werden können, und natürlich der per Stimme steuerbare Computer. Justitia, Göttin der Gerechtigkeit, trägt eine Augenbinde. Auch sie richtet, ohne die Angeklagten sehen zu können.

Dienstags, 20.15 Uhr, ARD.

© SZ vom 03.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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