Neue Serie:Oh wie schön ist Cornwall

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Die Kostümserie "Poldark" spielt im 18. Jahrhundert, war ein Hit im britischen Fernsehen und löste einen Tourismus-Boom an den hübschen Drehorten aus. Jetzt kommt der historische Schmachtfetzen auch nach Deutschland.

Von Annika Domainko

"Wir alle leiden an einem verzehrenden historischen Fieber." Dieser hübsche Satz stammt von Friedrich Nietzsche, der seinen Zeitgenossen damit schon vor anderthalb Jahrhunderten ein ungesundes Verhältnis zur Vergangenheit diagnostizierte. Regelrechte Besessenheit. Dabei wusste Nietzsche damals noch nichts vom Boom der historisch inspirierten Fernsehserie.

Die BBC-Produktion Poldark, die nun in Deutschland ausgestrahlt wird, hat in Großbritannien zweifellos ein historisches Fieber ausbrechen lassen: Laut Guardian war die Literaturverfilmung die am meisten besprochene Serie des Jahres 2015. Poldark spielt im 18. Jahrhundert in Cornwall, wo es nach der Ausstrahlung der Serie zu einem Touristenboom kam. Zu Beginn kehrt die Hauptfigur Ross Poldark (Aidan Turner), ein tot geglaubter Soldat der englischen Krone, aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg nach England zurück. Dort erobert er allen Widrigkeiten zum Trotz sein Erbe, eine Zinnmine, zurück und baut mit einer neuen Frau (Eleanor Tomlinson) ein neues Leben auf.

Die Strategie, die sich schon bei der landadeligen Familienserie Downton Abbey und dem Ränkespiel der Tudors bewährt hatte, geht auch bei Poldark auf. Anders als im Proseminar geht es hier nicht um wissenschaftliche Distanz, im Gegenteil: Je mehr Rührung und Schauder, die den Zuschauer aus dem 21. Jahrhundert pusten, desto besser. In Poldark funktioniert das vor allem über großartige Kostüme und Kulissen, aber auch über ganz viel Pathos. "Wie war der Krieg?", wird Ross in einer der ersten Szenen gefragt. "Wie alle Kriege, Ma'm. Eine Verschwendung guter Männer", antwortet er, der Blick geht ins Leere.

Eine der Stärken liegt indes darin, dass sich Serienschöpferin Debbie Horsfield nicht gescheut hat, die wenig romantischen Seiten des 18. Jahrhunderts zu zeigen. Die wachsende soziale Ungleichheit bekommt breiten Raum. Poldark scheint damit auf Vorwürfe zu reagieren, die etwa Downton Abbey zu hören bekam - zu viel Realitätsferne, zu viel Verklärung der realen gesellschaftlichen Umstände der Zeit. Dennoch steht auch in Poldark nicht die wirklichkeitsnahe Sozialstudie im Vordergrund, sondern viel Kabale und Liebe, und damit schleicht sich der Eskapismus doch wieder auf den Bildschirm.

Insgesamt hinterlässt die Serie einen zuckrigen Eindruck, und auch das Bemühen um historische Akkuratesse kann darüber nur mit Einschränkungen hinwegtäuschen. "Bestenfalls Unterhaltungsliteratur" hieße das bei einem historischen Roman. Aber es gibt für Serien wie diese ja glücklicherweise noch die altbewährte Rosamunde-Pilcher-Taktik: Wem es peinlich ist, der schaut die Serie eben einfach wegen der unglaublich schönen Landschaftsaufnahmen.

Poldark , Sony Entertainment Television, dienstags, 20.15 Uhr, danach online abrufbar.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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