Mord in bester Gesellschaft:Ins Paradies

Lesezeit: 2 min

Mehr als zehn Jahre ermittelte das Vater-Tochter-Gespann im Ersten. Ein letzter Fall in der Münchner Craft-Bier-Szene.

Von Benedikt Frank

Es begann am Strand. Vor etwas mehr als zehn Jahren ließ die Degeto Fritz Wepper und seine Tochter Sophie als Wendelin und Alexandra Winter in einem Kriminalfall ermitteln. Statt wie beim Tatort, der stets im Sendegebiet der ARD-Anstalten spielt und seine Täter meist unter Normalos oder sozialen Problemfällen morden lässt, lag die Leiche diesmal auf Gran Canaria, zu Lebzeiten war das Opfer Makler für Luxusimmobilien. Der Titel lautete folglich Mord in bester Gesellschaft.

Ursprünglich hatte es bei diesem einem Film bleiben sollen. Doch die Vorliebe des deutschen TV-Publikums fürs Familiäre und die Eigenart, sich fremden Milieus am liebsten über brutale Verbrechen und deren Aufklärung zu nähern, führte dazu, dass aus der Idee eine erfolgreiche Reihe wurde, deren 14. Fortsetzung nun läuft. Trotzdem soll nun Schluss sein: Der Psychologe Winter verspricht seiner Freundin, der Staatsanwältin, dass dieser Fall wirklich sein letzter sein wird.

Stimmungsmäßig ist das Finale das Gegenteil der sonnigen Premiere. Zwar führte bereits die zweite Folge nach Schweden, doch auch das war noch Urlaub im Grünen. Die neue Produktion taucht nun das winterliche München in kühles Blau, verschiebt es optisch nach Skandinavien. Inhaltlich kam die Wende schon vorher. Die Distanz zu den Reisezielen schrumpfte, in Folge sechs war man an der Ostsee angekommen, zwei Folgen später fuhr man nur noch bis zum Tegernsee und wurde schließlich in München mordsmäßig sesshaft.

Ist der einstige Urlaubskrimi für die ARD zu heimisch geworden?

Die Folge "Winters letzter Fall" setzt statt auf Champagner am Strand dann auch nur auf bayerisches Craft-Bier. Wendelin Winter wird ausnahmsweise sogar einmal offiziell mit einem Fall betraut. Der Sohn des Braumeisters verharrt nach dessen Tod in Schockstarre, da braucht man den Psychologen, der natürlich gleich mehrere familiäre Traumata aufdeckt. Alexandra versucht derweil noch immer, sich vom Rockzipfel ihres Vaters loszureißen. Gut zu wissen, dass man ihr künftig nicht mehr beim Scheitern zusehen muss.

Die letzten Neuausstrahlungen sahen immer noch zwischen drei und vier Millionen Zuschauer. Warum aufhören? Schuld sei der veränderte Sendeplatz, heißt es bei der Degeto. Man konzentriere sich bei den Donnerstags-Krimis jetzt "auf Schauplätze im Ausland", sagt Redaktionsleiter Sascha Schwingel, "die Kriminalfälle und Figuren sind durch Kultur und Eigenarten des jeweiligen Landes inspiriert." Das klingt, als sei der einstige Urlaubskrimi Mord in bester Gesellschaft zu heimisch geworden, um neben Island-, Tel-Aviv- und Athen-Krimis gesendet zu werden. Lässt man sich auf diese Fernweh-Logik der ARD ein, wirkt es wie ein Privileg, dass sie Wendelin Winter erlaubt, schließlich ganz ohne Fernsehkameras ins Rentner-Paradies abzureisen.

Mord in bester Gesellschaft , ARD, 20.15 Uhr.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: